: „Kulturelle Falle“
betr.: „Kreuzzug gegen das Kopftuch“ von Christian Rath, taz vom 11. 11. 03
1. Das Kopftuch ist als Identifikation mit der Scharia ein Bekenntnis gegen die Gleichberechtigung der Frau (Art. 3, Abs. 1 GG), auch wenn einzelne Islam-Wissenschaftler ihre Nachrangigkeit gegenüber dem Mann relativieren oder verneinen (so das Mehrheitsvotum des Bundesverfassungsgerichts) und einzelne Muslimas die Gleichberechtigung trotz der islamischen/islamistischen Meinung zum Kopftuch annehmen.
2. Da das Kopftuch das Bekenntnis der Muslima zum Grundgesetz und der dort normierten Gleichberechtigung der Frau zumindest relativiert, begründet es Zweifel an der Eignung für den öffentlichen Dienst, nicht nur als Lehrerin. […]
3. In der Schule schafft das Kopftuch Migranten-Schülerinnen Probleme, die es generell ablehnen (z. B. Alewiten) oder sich (oft gegen die Eltern) gegen das Kopftuch und für die Gleichberechtigung der Geschlechter entscheiden (wollen). Migranten-Schüler bestärkt es in ihrer Herrenrolle über die Frau. Für deutsche SchülerInnen wirkt es desintegrierend, bestenfalls vordemokratisch wie ein Fez des Lehrers. […]
4. Andere individuelle religiöse Merkmale (z. B. Kippa, Davidstern, Kreuz) symbolisieren keine Diskriminierung der Frau und sind kein Bekenntnis gegen das Grundgesetz. Sie können aber wie das von Staats wegen im Gerichtssaal oder Klassenzimmer angebrachte Kreuz die religiöse Neutralität der öffentlichen Einrichtung verletzen (so das Bundesverfassungsgericht). Es gilt für alle „signifikanten Bekleidungsmerkmale“ (so das Minderheitenvotum des Bundesverfassungsgerichts) wie die Nonnentracht. Im Übrigen ist es wie ein Zeichen politischer Überzeugung zu beurteilen.
5. Politisch ist nicht nachvollziehbar, wenn Deutsche in die „kulturelle Falle“ (so in der Anhörung des Bundestags-Menschenrechtsausschusses) gehen, die islamische Staaten wie die Türkei oder Libyen verlassen haben und andere Staaten vermeiden wollen. Es sind nicht aufgeklärte politische Kräfte, die dort zur Macht streben. Ihnen arbeiten deutsche Kopftuch-Freunde zu.
ERICH RÖPER, Bremen
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