: Rot-grüne Geschlossenheit gefragt
Bundesrat weist die Gentechnik-Novelle und die Streichung von Agrarsubventionen mit einfacher Mehrheit zurück. Nun soll der Bundestag sie endgültig verabschieden
BERLIN afp/ap/dpa ■ Jetzt muss die Kanzlermehrheit im Bundestag stehen: Sowohl das Gentechnik-Gesetz der Regierung als auch ihr Plan, Agrarsubventionen zu streichen, stießen am Freitag im Bundesrat auf den Widerspruch der unionsregierten Länder. Eine Zweidrittelmehrheit gegen die rot-grünen Pläne, die notwendig gewesen wäre, um die Vorlagen zu kippen, kam jedoch nicht zustande. Stimmen die Abgeordneten der Regierungsfraktionen im Bundestag Ende November zu, können die verschärften Vorschriften zum Anbau von Genpflanzen schon zur nächsten Aussaat in Kraft sein. Auch das Haushaltsbegleitgesetz 2005 könnte rechtzeitig zum Jahreswechsel gelten.
Beim Gentechnikgesetz hatte die Bundesregierung dazu allerdings die Hilfe des Vermittlungsausschusses gebraucht. Ursprünglich hatten auch die SPD-regierten Länder Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern Bedenken angemeldet. Sie befürchteten, dass das Gesetz auch die Forschung erschwere. Agrarministerin Renate Künast (Grüne) hatte schließlich zugesichert, die Erfahrungen auszuwerten und gegebenenfalls von der EU-Kommission klären zu lassen, wie die EU-Richtlinien zu interpretieren sind.
Die EU-Freisetzungsrichtlinie ist die Grundlage für die deutsche Novelle, die nun künftig regeln soll, dass Gen-Bauern auch dann für die Verunreinigung anderer Felder mit ihren Pollen haften, wenn nicht eindeutig nachgewiesen werden kann, welcher Bauer aus der Nachbarschaft konkret verantwortlich ist. Sprich: Wer seine Ernte nicht mehr als „gentechnikfrei“ vermarkten kann, darf alle in Frage kommenden Landwirte auf Schadenersatz verklagen. In einem Anbauregister können Land- und Forstwirte sowie Imker grundstücksgenau herausfinden, ob und wo in ihrer Nähe Genpflanzen angebaut werden. Zusätzlich soll der genfreie Anbau noch durch Mindestabstände und Vorschriften zur Sortenwahl sowie zur Nutzung natürlicher Pollenbarrieren geregelt werden, die allerdings noch in Rechtsverordnungen festgelegt werden müssen.
Umwelt- und Verbaucherschützer begrüßen die Novelle, während der Bauernverband wiederholt vor zu hohen Anforderungen an den Anbau genmanipulierter Pflanzen gewarnt und seinen Mitgliedern deshalb davon abgeraten hat.
Auch beim Haushaltsbegleitgesetz muss Rot-Grün seine Abgeordneten im Bundestag noch einmal disziplinieren, um den Widerspruch des Bundesrats zurückzuweisen. Hier geht es um eine Begrenzung des steuerlich begünstigten Agrardiesel auf 10.000 Liter je Betrieb und Jahr sowie einen Selbstbehalt der Landwirte von 350 Euro. Dies und reduzierte Bundeszuschüsse zur Krankenversicherung der Bauern sollen dem Bund von 2006 an jährlich Entlastungen von insgesamt 369 Millionen Euro einbringen.
Ganz umsonst hatte der Bundesrat denn aber doch nicht getagt: So räumte er den Versandhändlern mehr Rechte ein. Sie müssen künftig nur dann das Porto für zurückgeschickte Waren tragen, wenn der Käufer eine Anzahlung geleistet hatte und der Wert des Artikels mindestens 40 Euro beträgt – das entspricht dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses. Zudem signalisierte die Länderkammer der Bundesregierung Zustimmung zur geplanten Elektroschrottverordnung – zumindest, was die kostenlose Rückgabe von Altgeräten angeht.