piwik no script img

Archiv-Artikel

bush in london Siegesfeier ohne Sieg

Es sollte die pompöse Siegesfeier zweier glorreicher Feldherren werden. Schon als der Staatsbesuch des US-Präsidenten in Großbritannien im letzten Jahr geplant wurde, wussten beide Seiten, dass sie den Irak angreifen würden. Und natürlich konnten sie auch davon ausgehen, dass der Vormarsch auf Bagdad bis zum Gipfel in London abgeschlossen sein würde. Die militärische Überlegenheit der Alliierten stand außer Frage. Die Siegesfeier in königlicher Kulisse sollte der perfekte Abschluss werden.

Kommentar von ERIC CHAUVISTRÉ

Doch die Planung schlug fehl. Der Angriff wurde zwar im Frühjahr gestartet, und auch der Einmarsch in Bagdad lief in etwa wie vorgesehen. Aber Tony Blair und George W. Bush haben offenbar noch nicht bemerkt, dass Kriege heute ein wenig anders aussehen als im 19. Jahrhundert. Ausgerechnet diejenigen, die nicht aufhören, von asymmetrischen und unkonventionellen Bedrohungen zu reden, verkauften den Irakkrieg als eine Schlacht, die beendet ist, wenn in der Hauptstadt eine Statue umfällt und ein Diktator in den Untergrund geht.

Nun fällt die Siegsfeier in eine Woche, in der selbst bei großzügiger Überdehnung des Begriffs von Frieden im Irak nicht mehr die Rede sein kann. Während Bushs PR-Berater hinter den Mauern des Buckingham-Palastes nach geeigneten Fernsehbildern für den anlaufenden Präsidentenwahlkampf suchen, fallen in und um Bagdad wieder Bomben aus US-Flugzeugen. Mit den schwersten Luftangriffen seit April soll dem Irak endlich Frieden und Demokratie gebracht werden. Und nun nutzt Bush auch noch seine erste Rede in London, um klar zu machen, dass er seinen Feldzug im Namen von Freiheit und Antiterrorkampf weiter für erfolgreich hält.

Man sollte Bush für den Besuch in London dankbar sein: Die Verlogenheit und Realitätsferne, die offenbar im Weißen Haus herrschen, hätte niemand anders besser in Szene setzen können. Die peinliche Rechthaberei des US-Präsidenten und die voreilig geplante Siegesfeier könnten langfristig Bush und seinem engsten Verbündeten Blair politisch großen Schaden zufügen. Den Regierungen in Paris und Berlin aber sollte endlich klar werden, dass ihre Konzessionen der letzten Wochen im Weißen Haus bestenfalls zu kosmetischen Korrekturen der Politik führen. Denn der Glaube an die Legitimität und den Erfolg der kriegerischen Politik scheint trotz des Desasters im Irak nicht einmal angekratzt.