piwik no script img

Archiv-Artikel

berliner szenen Fettarme Signierstunde

Gesünder lesen

Eigentlich war’s ungefähr so wie beim neuen „Harry Potter“, nur ohne Kinder mit Hexenmützen: eine Schlange vor Dussmann, aufgeregtes Personal, prima Umsatz. Unten drin saß nämlich Jamie Oliver und signierte Kochbücher mit persönlichen Widmungen direkt über das Feigensalatrezept. Er war nett, klar, ist schließlich Engländer, hatte genau diesen etwas riesenbabyhaften Charme, den er auch im Fernsehen, nun ja, nicht gerade versprüht, eher ausdünstet, und lächelte schlitzohrig die vielen Fans an. Geduldig schleppten sie neue und alte schwere Jamie-Kochbücher auf Armen, die es gewohnt schienen, bis zu den Ellenbogen im Mehl zu stecken.

Am lustigsten war aber die Kooperation mit Renate Künast, die ja nun sowohl von der Physis als auch inhaltlich rein gar nichts Riesenbabyhaftes an sich hat. Aber sie hat ein Buch über Dickmacher veröffentlicht und wollte sich in Jamies Schatten ein wenig für gesundes Essen stark machen. Was so sympathisch wie absurd ist: Ist Jamie nicht derjenige, der zwei Liter Olivenöl braucht, um eine halbe Knoblauchzehe anzudünsten, und der normalerweise Sahne benutzt, so dick, dass man sie eigentlich nicht mehr schlagen muss? Ist ja auch egal, Olivenöl ist selbstverständlich viiiiel gesünder als beispielsweise Bratfett, und Künast, knochig und bodenständig, fuchtelte glücklich mit ihrem Buch voller schöner und auch appetitanregend fotografierter Kalorienbombenfotos herum, vor denen sie warnt. Dann charmierte Jamie über den Spaß und die Freude beim Kochen, derweil die Fans und Groupies hochachtungsvoll an seinen immer etwas feuchten Lippen hingen. Recht haben sie natürlich beide: Am besten schmecken gesunde Sachen mit tüchtig Fettgehalt. Mmmmh.

JENNI ZYLKA