: Total von der Rolle
Friede den Palästen, Tapete in die Hütten! Die Künstlerin Stefanie Bürkle verwandelt den Palast der Republik in eine Tapete. Das wäre auch etwas für Ihr Wohnzimmer? Dann blättern Sie doch um
Eine Auflagenarbeit, die sich nützlich macht, und ein Konzeptkunstwerk, das eine ideologische Debatte auf ihr Bild bringt: Die Berliner Tapete. Die Projektionsfläche Palast der Republik.
Man möchte es schon als einen genialen Coup bezeichnen, das Projekt der Berliner Künstlerin Stefanie Bürkle. Zunächst war es einfach der drohende Verlust des 1976 in Ostberlin fertig gestellten Palasts der Republik, in dem sich bis zu seiner Schließung 1990 rund 70 Millionen Besucher bei Konzerten, Theater, Disco und Bowling amüsierten, der die Künstlerin an eine Erinnerungsarbeit denken ließ. Doch dann inspirierte sie das modernistische Raster seiner Kupferglasfassade zu einem eigenwilligen Tapeten- und Kunstentwurf. Er arbeitet mit der Fassade als Fassade. Mehr als Fassade ist heute nämlich nicht mehr zu haben vom einstigen Bürger- und Lusthaus der DDR, um das es einen langen Streit gab. Einen Streit, der noch heute andauert. Ging es zunächst um seinen Erhalt, wurde schon bald sein geplanter Abriss als rein ideologisch motiviert verdächtigt und kritisiert. Und jetzt, wo sein Ende feststeht, geht der Streit um eine mögliche Zwischennutzung weiter. Leer geräumt, entkernt und asbestsaniert steht „Erichs Lampenladen“, wie die Berliner das Haus zu nennen pflegten, heute da und harrt der Dinge, die da kommen. Die Tapete ist eines dieser Dinge, allerdings bestimmt eines der schönsten.
Denn eine Tapete will an Wänden kleben. Und eine Tapete wie diese will an besonderen Wänden kleben. Deshalb fragte Stefanie Bürkle prominente Berliner, ob sie sich nicht vorstellen könnten, eine Wand ihres Büros mit ihrer Tapete zu schmücken. Viele konnten sich das vorstellen. Peter Conradi, Präsident der Bundesarchitektenkammer etwa, oder Peter Strieder, Senator für Stadtentwicklung, und Jutta Limbach, Präsidentin von Goethe Inter Nationes. Am besten aber konnte es sich Daniel Barenboim vorstellen, der als Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden ja direkter Nachbar des Palastes ist. Er bestellte inzwischen schon Tapete nach und ließ sich gleich noch eine zweite Wand verkleiden.
Weil das aber erst der Anfang und die Berliner Tapete ein work in progress ist, ein Kommunikationskunstwerk eben, soll sich jeder am Palast in den eigenen vier Wänden erfreuen. So sieht es jedenfalls das Konzept von Stefanie Bürkle vor. Ganz billig ist das Kunstwerk als Tapete freilich nicht. 15 Quadratmeter zusammen mit dem DDR-Emblem, das einstmals in den Fenster-Rosetten prangte, kosten 800 Euro.
Daher plädiert Stefanie Bürkle gemeinsam mit der taz durchaus für eine preiswertere Lösung. Sie selbst hat sie auch schon erprobt: Die Tapete auf Zeitungspapier lässt sich wunderbar an die Wand kleben. Vier tazzen gekauft, und schon gibt es einen ganzen Quadratmeter Palast der Republik.
BRIGITTE WERNEBURG