: berliner szenen Rock ’n’ Roll
In Luckenwalde
Unser Vortrag im Alhambra in Luckenwalde ging bis 22.37 Uhr, 22.58 fuhr der letzte Zug, wir waren doch ziemlich in Eile, die Zeit brannte, es war allerhöchste Eisenbahn. Zwar ist der Ort Geburtsstadt des Papptellers und von Rudi Dutschke, aber wir wollten fort. Ich raffte meine Bücher zusammen, wir packten die Logbücher ein, die Videokassetten, Manuskripte, Mäntel, Rucksäcke, Notizbücher, Taschen, CDs und Schellackplatten. Der Zivildienstleistende Sebastian, der uns zum Bahnhof fahren sollte, hatte sich in die Hand geschnitten und versuchte mit einem Papiertaschentuch das Blut der Wunde zu stillen. Wir fuhren los, noch 5 Minuten bis zur Abfahrt des Zuges.
Sebastian sah sie im Rückspiegel zuerst: „Oh nein, auch das noch, die Bullen!“ Hinter uns stand die Polizei. Wir stanken nach Alkohol und Haschischqualm, ein wohl kaum volljähriger, mit Kettchen behangener Jugendlicher mit einem blutbesudelten Taschentuch in der Hand saß am Steuer. Wie wir jetzt erfuhren, hatte er keine Papiere dabei, in 3 Minuten fuhr der letzte Zug aus Luckenwalde ab.
„Guten Abend“, sagte der Polizist, „Alkohol- und Fahrzeugkontrolle, dürfte ich Ihre Papiere sehen? Haben Sie etwas getrunken?“ „Ein Heineken vor einer Stunde, ich habe keinen Führerschein bei, ich hoffe, die Fahrzeugpapiere sind irgendwo im Wagen. Die sind aus Berlin.“ Er wies auf uns: „Die müssen zum Bahnhof, der Zug fährt gleich.“ Der Polizist leuchtete mit seiner Taschenlampe ins Wageninnere, statt den Mund zu halten und das Beste zu hoffen, sagte ich: „Unser Zug fährt in 3 Minuten.“
„Dann fahren Sie mal!“ Wir fuhren los. „Was warn diss?“, fragte Mario, Sebastian sagte: „Ich glaub’s ja nicht, ein freundlicher Polizist!“, und wir bekamen den Zug. FALKO HENNIG