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Archiv-Artikel

Billig-Kultur hat auch ihr Gutes

In viele kulturellen Einrichtungen Berlins dürfen Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger billiger reinschauen. Auch mit Hartz IV soll das so bleiben – bis auf wenige Ausnahmen. Theater sind besonders bei arbeitslosen Akademikern beliebt

Nach all den Hiobsbotschaften zur Abwechslung eine positive Nachricht: Auch im kommenden Jahr müssen zukünftige Hartz-IV-Empfänger nicht zu tief in den Geldbeutel greifen, wenn sie ins Theater oder Museum gehen wollen. Kulturinstitutionen in Berlin gewähren Arbeitslosen und Sozialhilfeempfangenden zahlreiche Vergünstigungen und Ermäßigungen, die auch nach der Einführung von Hartz IV bis auf wenige Ausnahmen erhalten bleiben sollen.

Insbesondere bei den Museen gibt es vielerorts Ermäßigungstarife für Kulturinteressierte mit schmalem Geldbeutel. Besonders vorbildlich: die Staatlichen Museen zu Berlin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. In allen Einrichtungen, unter anderen in der Alten und der Neuen Nationalgalerie, dem Ethnologischen Museum und dem Pergamonmuseum, gilt für Arbeitslose eine Ermäßigung von fünfzig Prozent. Sozialhilfeempfänger haben sogar freien Eintritt. Nach den Worten von Christoffer Richartz, Leiter der Besucherdienste, soll dies auf jeden Fall erhalten bleiben. „Museen sind Bildungsinstitute. Leute, die am Existenzminimum leben, müssen dazu freien Zugang haben.“

Mit Beginn der Arbeitsmarktreform soll der freie Eintritt auch für Arbeitslosengeld-II-Empfänger und die Ermäßigung für Empfänger von Alg I gelten. Somit kämen auch Langzeitarbeitslose, die nach der Reform ebenso wie bisherige Sozialhilfeempfänger Alg II erhalten, in den Genuss des Gratis-Museumsbesuchs.

Ganz so weit gehen andere Museen nicht, im Deutschen Technikmuseum aber haben alle Empfänger von Sozialleistungen Zutritt zum halben Preis. Freien Eintritt bieten zwar weder die Deutsche Guggenheim noch das Jüdische Museum, in beiden haben Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose aber Anrecht auf einen Preisnachlass. Bei Guggenheims zahlen sie ein Drittel weniger, im Jüdischen Museum die Hälfte. Diese Vergünstigungen sollen ebenfalls allesamt erhalten bleiben.

Keinerlei Ermäßigung für sozial Schwache bietet die die landeseigene Berlinische Galerie. Am ersten Montag des Monats ist der Eintritt dafür generell frei.

Auch ein Theaterbesuch muss nicht am knappen Taschengeld scheitern. Zahlreiche Bühnen wie das Berliner Ensemble, das Deutsche Theater, die Schau- und die Volksbühne bieten Vergünstigungen an. Henrike Thomsen, Pressesprecherin am Deutschen Theater, fügt an, eine vom DT durchgeführte Umfrage habe einen „signifikanten Anstieg“ in der Nutzung solcher Ermäßigungen ergeben. Sie führt dies auf steigende Arbeitslosigkeit unter Akademikern zurück.

Die meisten Kinos sind dank der flächendeckenden Einführung von Kinotagen sowieso schon für fast jeden erschwinglich. Neue Filme können bei etwas flexibler Zeitplanung schon für 3,50 Euro geschaut werden. Zusätzlich bieten Lichtspielhäuser wie das Delphi und das Kosmos noch Vergünstigungen um die 3 Euro für Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose an. Im Kosmos sollen diese beibehalten werden, das Delphi allerdings plant, sie zum Jahresende abzuschaffen. OLIVER MARQUART