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Archiv-Artikel

Galaxis per Gummistiefel

Mit „Gerangel in Ruum un Tied“ haben die Sulinger „Filmemoker“ einen neuen Sci-Fi-Film gedreht. Das Goetheinstitut will das Werk nun nach Pakistan exportieren

Radikale Reduktion: Fremde Planeten sehen immer wie die norddeutsche Tiefebene aus

Wenn das Bier 18,60 Euro kostet, wird im niedersächsischen Sulingen der Notstand ausgerufen. Beim Schützenfest kann nur noch Sprudel ausgeschenkt werden – da müssen die Helden des Ortes Käpten Kork, Pulle, Herr Spick, Schrotty und Chefkoch ihren Apparatspott wieder anschmeißen, um in den unermesslichen Weiten von Raum & Zeit für mehr Bier zu kämpfen.

„Gerangel in Ruum & Tied“ heißt dieses zweite Abenteuer der niederdeutschen Weltraumfahrer, die 1999 in ihrer Parodie auf die Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“ „De Apparatspott“ zum ersten Mal in Gummistiefeln durch die Galaxis stapften.

Dreieinhalb Jahre haben die zehn Hobbyfilmer der „filmemoker GbR“ an der Fortsetzung gebastelt, am meisten Arbeit blieb dabei wieder an Regisseur Martin Hermann hängen, der am PC alle Spezial-Effekte bastelte und dessen mit viel technischem Schnickschnack ausstaffierte Gartenlaube in den Kommandostand des Raumschiffs verwandelt wurde.

Die bösen Plengonen, die die gesamten Biervorräte der Erde gestohlen haben, sprechen schwerstes Sulinger Platt, das man wohl schon in den Nachbargemeinden nicht mehr so ganz verstehen kann. Aber heldenhaft weigerten sich die Filmemokers bislang, den Film zu untertiteln.

Das könnte sich bald ändern. Denn seit der Weltpremiere des Films in der Diepholzer Kreissparkasse im Oktober gab es ein großes, durch das Internet sogar weltweites Echo. NDR-Fernsehen und „Spiegel“ berichteten, und das Goetheinstitut möchte den Film gerne in Pakistan vorführen.

Allerdings wird man den Film in Syke oder Bassum wohl am besten verstehen, denn schon norddeutschen Städtern bleiben die Pointen verborgen, bei denen es um Lötlampen, im Leerlauf vor sich hin tuckernde Traktoren oder die mechanischen Finessen von Melkmaschinen geht.

„Raumschiff Enterprise“ wird radikal auf den lokalen Horizont reduziert und fremde Planeten sehen immer wie die norddeutsche Tiefebene aus – die Außenaufnahmen wurden ausnahmslos in der Kuppendorfer Heide und einer Kiesgrube bei Maasen gedreht. Das Raumschiff selber sieht aus wie ein Einmachtopf auf Beinen.

Schauspielerische Leistungen darf man in diesem Film nicht erwarten, man ist fast etwas enttäuscht, wenn der eine oder andere mal versucht, auch nur halbwegs dramatisch aus dem Flatterpulli mit dem Sternenemblem zu gucken. Schauspielerführung und Bildkomposition sind nun auch nicht unbedingt die Stärken von Regisseur Hermann, aber er ist ein begnadeter Tüftler. Mit einem Gesamtbudget von 40.000 Euro hat er eine beeindruckende Anzahl von Special Effects in seinen Film eingebaut. Vor einiger Zeit hatte er seine Modellraumschiffe noch an Fäden durchs Bild fliegen lassen.

Die jetzt produzierten Effekte unterscheiden sich grundsätzlich nicht mehr von denen Hollywoods. So können die Helden durch ein flimmerndes Sternentor verschwinden wie in „Stargate“ und das Shuttle dockt genauso schön im Mutterschiff an wie bei „Starwars“. Nur hat dieses Raumschiff halt eine riesige Tüv-Plakette am Bug kleben.

Wilfried Hippen

„Gerangel in Ruum & Tied`` läuft heute in Hoya (Filmhof), morgen in Syke (Hansa Kino), Donnerstag in Verden (Cine City), Freitag (erst 22.15 Uhr) in Delmenhorst (Maxx Filmpalast) und Montag im Diepholzer Central Kino