: „Egomaner Clement Würstchen in Coca-Cola“
Im Landtag liefern sich Regierungskoalition und Opposition einen scharfen Schlagabtausch über die ersten Ergebnisse des Filz-Untersuchungsausschusses. CDU und FDP sprechen von Rechtsbruch, SPD hält dagegen: „Geschichtsfälschung“
DÜSSELDORF taz ■ Nordrhein-Westfalens Ex-Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) hat beim Umzug der Regierungszentrale Staatskanzlei Vetternwirtschaft in großem Stil betrieben: An diesem Vorwurf halten die Landtagsfraktionen von CDU und FDP fest. In einem Sondervotum zum ersten Teilbericht des so genannten Filz-Untersuchungsausschusses wiederholt die Opposition ihre Vorwürfe gegen den derzeitigen Bundeswirtschaftsminister: Danach hat Clements Duzfreund Christian Langer „für seine dubiose Rolle beim Umzug“ der Staatskanzlei aus der ehrwürdigen, aber etwas plüschigen „Villa Horion“ ins ultramoderne Stadttor über Umwege Geld vom Land kassiert – Clement hatte die Sondierungsgespräche Langers dagegen noch im Januar vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss als unbezahlten „Freundschaftsdienst“ dargestellt.
Damit habe der ehemalige Regierungschef „objektiv die Unwahrheit gesagt“, so Klaus-Peter Brendel, FDP-Obmann im Filzausschuss, gestern vor dem Plenum des Landtags. Politische Entscheidungen seien „nach Gutsherrenart“ getroffen worden. Langer habe allein für seine inoffizielle Vermittlertätigkeit über eine halbe Million Euro erhalten. Außerdem erhielt seine Beratungsfirma Noventa millionenschwere Aufträge der landeseigenen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung, ist Brendel überzeugt: „Als Wolfgang Clement nach Berlin ging, versiegte auch der Geldstrom, und Langer musste seine Firma liquidieren.“ Der Millionen verschlingende Umzug der Staatskanzlei aus einem landeseigenen Gebäude in die angemieteten Stadttor-Räume sei deshalb für die Steuerzahler „zu einem teuren Abenteuer geworden“, sagt auch CDU-Obmann Michael Breuer.
Die SPD kommt zu einer völlig anderen Bewertung. Die Opposition versuche, „aus einer Umzugsentscheidung politisches Kapital zu schlagen“, so Gerd Bollermann, SPD-Vertreter im Untersuchungsausschuss. Die Sondervoten der Opposition seien schlicht „Geschichtsfälschung“.
Die Grünen ziehen dagegen ein differenzierteres Fazit. Die Opposition habe keinerlei Beweise für ihre Filzvorwürfe vorlegen können, so der Münsteraner Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel: „Die Behauptung der CDU, es gebe im Zusammenhang mit dem Umzug der Staatskanzlei Vetternwirtschaft in der Staatskanzlei, hat sich in Nichts aufgelöst wie ein Würstchen in Coca-Cola“, so der in die Koalitionsdisziplin eingebundene Grüne verquer. Andererseits habe Clement völlig eigenmächtig gehandelt, findet auch Sagel – die Opposition behauptet sogar, enge Mitarbeiter hätten Clements überhastet durchgedrückte Umzugspläne wie der verstorbene Landesfinanzminister Heinz Schleußer (SPD) für eine „Schnapsidee“ gehalten. „Das egomanische Verhalten von Clement ist aber sicherlich zu kritisieren“, sagt Sagel. Die Konfrontationslinien liegen damit fest – abschließen wird der mit Aufgaben überfrachtete Untersuchungsausschuss seine Arbeit wohl nicht mehr: Sein Mandat läuft mit Ende der Legislaturperiode im Mai aus.
ANDREAS WYPUTTA