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Archiv-Artikel

Äpfel, Airbus und Arbeitsplätze

Große Koalition in der Bürgerschaft beschließt Bestandsgarantie für Neuenfelde nach der nächsten Airbus-Erweiterung. Gutachten droht mit Verlagerung der A380-Auslieferung nach Toulouse und Gefahr für 4.000 Arbeitsplätze

Ohne die verlängerte Startbahn für die Frachtversion des A380 werde Airbus „sehr wahrscheinlich“ auch auf die Auslieferung der Passagierversion in Hamburg verzichten und sich „gegen den Bau eines Auslieferungszentrums“ im Werk Finkenwerder entscheiden. Diese Konsequenz malt ein Gutachten der Wirtschaftsberatungsgesellschaft Deloitte im Auftrag der Hamburger Wirtschaftsbehörde aus, das diese gestern veröffentlichte.

Auch bei „einer Verzögerung des weiteren Ausbaus der Start- und Landebahn besteht die Gefahr“, so die 39-seitige Expertise, dass der Konzern ein Auslieferungszentrum für den doppelstöckigen Riesenjet im französischen Toulouse „als einziges etablieren würde“. Denn die Analyse von fünf Kriterien für eine Standortentscheidung ergebe, erklären die Deloitte-Gutachter, in keinem Fall „wesentliche wirtschaftliche oder organisatorische Gründe, die ein Auslieferung in Hamburg nahe legen oder zwingend erforderlich machen“.

Die Gutachter stellen zugleich klar, dass eine solche Entscheidung „für sich genommen keine direkten/harten nachteiligen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hätte“, da hiervon nur etwa 100 Arbeitsplätze abhingen.

Gleichwohl sei der „Imageverlust“ beträchtlich und die „Signalwirkung“ vernichtend: Neue Jobs „in einem Korridor zwischen 2.500 und 4.000“ würden nicht in der Hansestadt entstehen, da sowohl Airbus wie Zulieferer sich künftig auf Toulouse konzentrieren würden.

Und das gelte es zu verhindern, beschwor CDU-Fraktionschef Bernd Reinert gestern in der Bürgerschaftsdebatte über eine Bestandsgarantie des CDU-Senats für das Obstbauerndorf Neuenfelde. Rechtzeitig zur Versammlung der Kläger gegen die Airbus-Erweiterung am gestrigen Abend weise das Gutachten nach, „dass Äpfel, Airbus und Arbeitsplätze vereinbar sind“, freute sich Reinert.

Was der grüne Fraktionsvize Christian Maaß nachhaltig bestritt. Die Expertise stelle „falsche Behauptungen auf“, beharrte er. Vor allem sei die Zahl von zusätzlichen 4.000 Arbeitsplätzen „durch nichts belegt“, sondern „bloße Behauptung“, kritisierte der GALier. Und die Garantieerklärung für Neuenfelde stehe im Widerspruch zum Urteil des Hamburger Oberverwaltungsgerichts: „Die Feststellung eines begründeten Bedarfs hat das Gericht zurückgewiesen“, erinnerte Maaß. Wenn die Bürgerschaft diese dennoch abgebe, „tritt sie den Rechtsstaat mit Füßen“.

Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) wies das selbstredend vehement zurück. Zugleich beteuerte er, dass der Senat „sich die Chancen aus der Airbus-Erweiterung nicht entgehen lassen wird“. CDU und SPD auch nicht: Beide Fraktionen nickten die Bestandsgarantie ab – rechtlich natürlich vollkommen unverbindlich. Sven-Michael Veit