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Archiv-Artikel

Senat und Airbus sehen kein Land

Die Front der 235 KlägerInnen gegen die Erweiterung des Airbus-Werks Finkenwerder bleibt geschlossen. Versammlung sieht keinen Grund für Verhandlungen mit dem Senat. Der steht mit dem Rücken zur Wand, denn in zwei Wochen will Airbus Klarheit

Von Sven-Michael Veit

Danach sei er „viel optimistischer als zuvor“, sagt einer, der auf der Vollversammlung der KlägerInnen gegen die Erweiterung des Airbus-Werks Finkenwerder war. Eine Einschätzung, die auch drei weitere TeilnehmerInnen bestätigen, die sämtlich nicht namentlich genannt werden möchten. „Den öffentlichen Druck, den die in Neuenfelde aushalten müssen, möchte ich nicht haben“, lautet die übereinstimmende Begründung.

Mehr als drei Stunden lang haben gut 200 KlägerInnen auf einer internen Sitzung in der Christuskirche in Othmarschen am Mittwochabend über den Konflikt mit Senat und Airbus-Konzern über Grund und Boden diskutiert. Zuvor hatten ihre Anwälte Peter C. Mohr und Rüdiger Nebelsieck den Stand der Dinge rechtlich bewertet und über die „Bemühungen der Stadt berichtet, vergleichsweise Lösungen herbeizuführen“, wie ihre Kanzlei gestern wortkarg mitteilte.

In diesem Mediationsverfahren unter Einsatz eines unabhängigen Vermittlers wird zurzeit hinter verschlossenen Türen nach Lösungen für das Grundstück der Kirchengemeinde Neuenfelde gesucht, das für die Verlängerung der Landebahn benötigt wird. Ausdrücklich handelt es sich nicht um „Verkaufsverhandlungen“, wissen Eingeweihte zu berichten, erwogen wird aber ein Grundstückstausch. „Das läuft ganz gut“, kommentierte gestern auf Anfrage der taz Christian Saadhoff, Sprecher der Wirtschaftsbehörde. Details wollte er nicht nennen.

Die Klägerversammlung „akzeptierte“ die Position des Neuenfelder Pastors Ralf Jenett, ließ aber eine Beteiligung weiterer KlägerInnen an der Mediation ausdrücklich offen. Beschlüsse „mit Bindungswirkung“ könne es ohnehin nicht geben, erklärten Mohr und Nebelsieck. Jeder Kläger sei „frei darin, das zu tun, was er persönlich für richtig hält“. Nach Einschätzung mehrerer TeilnehmerInnen habe große Einigkeit geherrscht, „nicht in die Mediation zu gehen“.

„Keiner gibt klein bei“, versicherte eine der KlägerInnen gestern auf Anfrage, ein anderer sprach von einer „guten rechtlichen Basis in weiteren Verfahren vor den Gerichten“. Speziell Manfred Braasch, Geschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Hamburg, sieht „gestiegene Chancen“. Das Eilverfahren des Umweltverbands auf einen Baustopp der Airbus-Päne „ist noch anhängig“, so Braasch. „Der Senat steht mit dem Rücken zur Wand“, frohlockte eine Klägerin, „nicht wir.“

Am 22. November, wenn der Aufsichtsrat von Airbus tagt, könnte die Entscheidung für oder gegen den Bau eines Auslieferungszentrums für den Riesenjet A380 in Finkenwerder fallen. Definitiv auf dieses Datum wollen sich zurzeit weder Airbus noch Senat festlegen, obwohl der Konzern ursprünglich bis Ende Oktober „Planungssicherheit“ eingefordert hatte. Es gebe „kein feststehendes Datum“, versichert nun Saadhoff, dass die Stadt aber unter „erheblichem Zeitdruck steht“, hatte noch vorige Woche Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) eingeräumt.

Deshalb laufen auch die Arbeiten der Stadt an „Plan B“ und „Plan C“ auf Hochtouren weiter. Geprüft werden hier die Möglichkeiten, die störrischen Grundbesitzer doch noch enteignen zu können. Dazu dient auch das vorgestern nachgeschobene Gutachten, in dem bis zu 4.000 weitere Arbeitsplätze durch den A380 vage in Aussicht gestellt werden (taz berichtete). Saadhoff beteuerte gestern, „die Prognose ist seriös“, ohne diese Einschätzung genauer zu belegen.

Auf der Versammlung habe die Einschätzung geherrscht, diese Expertise habe „wenig Substanz“. Eine Klägerin findet es gar „beschämend, wie der Senat uns veräppeln will“. Und Braasch glaubt, das Gutachten habe „vor Gericht wenig Bestandskraft“.

Ungewöhnlich schweigsam zeigte sich gestern die Ikone des Widerstandes. Die Neuenfelder Obstbäuerin Gabi Quast, die gefürchtet eloquent sein kann, wenn ihr etwas nicht passt, wertete die Versammlung lediglich mit einem einzigen Satz: „Es war einfach nur schön.“