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Archiv-Artikel

Ein trauriger Tag vorm Volkstrauertag

Erneut wollen Neonazis an diesem Samstag in Halbe marschieren. Mit dem Segen des Verwaltungsgerichts

Ein Ablauf, den es in Halbe (Dahme-Spreewald) vor einem Jahr schon einmal gegeben hat: Unter dem Motto „Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten“ wollen am Vortag des Volkstrauertages bis zu 1.000 Neonazis auf Deutschlands größtem Soldatenfriedhof aufmarschieren. Demokratisch gesinnte Gegendemonstranten kündigen an, diesen Aufzug verhindern zu wollen. Die Polizei verhängt ein halbherzig formuliertes Versammlungsverbot. Und das Verwaltungsgericht in Cottbus hebt dieses Verbot in letzter Sekunde wieder auf. Die Begründung der Richter in diesem Jahr: Die Sorge der Polizei, die Versammlung könne an nationalsozialistische Aufmärsche erinnern, reiche „für ein Versammlungsverbot nicht aus“.

Dabei ist der Anmelder in diesem Jahr kein Unbekannter. Christian Worch, Neonazi aus Hamburg, der auch schon die rechten Aufmärsche in Potsdam und Leipzig vor zwei beziehungsweise drei Wochen angemeldet hatte, bei denen es am Rande zu schweren Straßenkämpfen zwischen Gegendemonstranten und Polizisten gekommen war. Die Versammlungsbehörde der Polizei hat für Halbe daher nicht nur ein Verbot des neonazistischen Aufmarschs angestrebt, sondern auch der linken Gegendemonstration. In diesem Fall mit Erfolg: Egal ob von Antifas, der PDS oder der Vereinigung der Wehrmachtsdeserteure – sämtliche Gegenveranstaltungen bleiben an diesem Samstag verboten. Gestattet wird den Linken lediglich eine Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz, fernab des rechten Aufmarschs.

Markus Roth, Sprecher der Initiative „Gegen das Heldengedenken in Halbe“, ist empört über diese Entscheidung und wirft der Versammlungsbehörde Dilettantismus vor. Immerhin gelang es vor 2003 auch zehn Jahre lang, das rechte Spektakel zu verbieten. Zudem seien die Neonazis, die Worch mobilisiert hat, dem Spektrum der so genannten „Autonomen Nationalisten“ (ANB) zuzurechnen. Angehörige der ANB waren unter anderem am 1. Mai in Berlin-Lichtenberg mit Handgreiflichkeiten aufgefallen. Ein aus juristischer Sicht ausreichender Grund, die rechte Versammlung zu verbieten, findet Roth.

Auch nicht gerade tröstlich für seine Initiative: die Aktion des Amtes Schenkenländchen. Die hat nämlich dafür gesorgt, den Soldatenfriedhof umzugestalten. Eine öffentlich genutzte Parkplatzfläche, die von den Rechten im vergangenen Jahr noch für die Abschlusskundgebung genutzt werden konnte, ist inzwischen fester Bestandteil des Friedhofs. An den drei neu errichteten Sandsteinkreuzen können alle ihrer jeweiligen Toten gedenken. Damit würden aber, so Roth, alle Toten des Zweiten Weltkriegs auf eine Stufe gestellt. Und damit „faktische Geschichte bis zur Unkenntlichkeit verfälscht“. FELIX LEE