Kliniken auf dem Grabbeltisch

Die SPD hat mal nachgerechnet: Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser an die Asklepios-Gruppe kostet den Investor demnach fast nichts. Auch die GAL spricht von Schleuderpreisen. Medizinische Verschlechterung befürchtet

von ELKE SPANNER

Werner Dobritz hat das Wochenende vor seinem Taschenrechner verbracht. Der Haushaltsexperte der SPD-Bürgerschaftsfraktion hat die Bedingungen, zu denen der Senat den Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) an die Asklepios Klinikgruppe veräußern will, Punkt für Punkt nachgerechnet. Sein Ergebnis: Der neu entstehende LBK muss den vereinbarten Kaufpreis selbst verdienen. Asklepios, so Dobritz vor der heutigen Bürgerschaftssitzung zum Klinikverkauf, „gibt für seinen Anteil von 74,9 Prozent nicht einen Cent dazu“.

Die Rechnung müsse vielmehr die Stadt selbst bezahlen – und deren BewohnerInnen, die über ihre Steuern das finanzielle Risiko der Asklepios tragen. Denn der vereinbarte Kaufpreis von 318 Millionen wird von der Asklepios GmbH nicht an die Stadt überwiesen, sondern durch Börsengang und Bankdarlehen erst erwirtschaftet. Der Finanzplan geht davon aus, dass der in städtischem Besitz verbleibende Betriebsteil des neuen LBK im kommenden Jahr ein Defizit in Höhe von 62,4 Millionen Euro zu bewältigen hat.

Darüber hinaus verzichtet die Stadt auf Einnahmen, die sie angesichts der Schuldenlast dringend benötigen würde. So zahlt die Asklepios GmbH für die Nutzung der sieben LBK-Krankenhäuser keine Pacht (taz berichtete). Dobritz hat den Wert der Immobilien nachgerechnet: Die Stadt verzichtet auf einen Barwertvorteil von rund 189 Millionen Euro. „Bezogen auf die Haushaltssituation Hamburgs ist das eine Katastrophe.“

Außerdem hat der Senat dem Investor mit der Rechtsform einer GmbH & Co KG ein „Steuersparmodell am Standort Hamburg eingerichtet“, kritisiert Dobritz. Laut dem SPD-Haushaltsexperten wird die Asklepios GmbH durch diese Standortvorteile im Wettbewerb mit anderen Kliniken praktisch subventioniert – womit der Senat gegen das EU-Beihilferecht verstoße.

Zu den finanziellen Bedenken treten die Risiken für die Beschäftigten und PatientInnen des LBK. Zwar behauptet der Senat, die gäbe es nicht, weil er weiterhin 25 Prozent der Anteile des neuen LBK behalten wird. Das aber gilt nur bis zum Zeitpunkt des Börsenganges: Laut Vertrag werden zu dem Zeitpunkt die Minderheitenrechte der Stadt neu verhandelt. Und um den Börsengang zu ermöglichen, so Dobritz, wolle Asklepios bei den Personalkosten 120 bis 150 Millionen Euro sparen. Das bedeute einen Abbau von 1.500 Stellen und Einschnitte bei der Entlohnung. „Die Belegschaft soll bezahlen, damit das Unternehmen Gewinne macht.“

Außerdem vermag „weniger und schlechter bezahltes Personal nicht die gleiche Leistung erbringen“, warnt der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Mathias Petersen, vor den Risiken für die Gesundheitsversorgung. Auch seien viele Behandlungsmethoden finanziell unrentabel und würden von der Asklepios unter Umständen in Zukunft nicht mehr angeboten. „Ein Bluter wird dann nicht mehr in Hamburg behandelt, sondern in Berlin.“

Obwohl die Vertragsdetails erst jetzt bekannt wurden und die Bürgerschaftsabgeordneten noch kaum Zeit zur Lektüre hatten, geht die SPD davon aus, dass das Parlament den LBK-Verkauf heute durchwinken wird. Und damit laut Dobritz „die trostloseste Privatisierung, die ich je erlebt habe“.