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Der Herr der schönen neuen Worte

Behördenchef Gerster wollte Arbeitslose zu „Kunden“ machen. Jetzt holt ihn das eigene Begriffsgeklingel ein

Es ist ein alter Psychotrick, der in jedem drittklassigen Kommunikationsseminar gelehrt wird: Auch wenn du etwas Unangenehmes mitzuteilen hast, deute einfach um! Erfinde neue Begriffe, die das Ganze in positivem Licht erscheinen lassen! Mit dieser Masche kann man Versicherungen verkaufen, Leute feuern – und versuchen, Arbeitsämter zu reformieren.

Florian Gerster, Chef der Bundesanstalt für Arbeit (BA) und Diplompsychologe, ist ein Meister der Umdeutung. Die BA soll künftig „Bundesagentur für Arbeit“ heißen – auch wenn Jobmaßnahmen und Weiterbildung gekürzt werden. Die Erwerbslosen sollen als „Kunden“ der Arbeitsämter betrachtet werden – obwohl der Druck auf sie erheblich zunimmt. Gerster selbst sieht sich als „unternehmerisch“ handelnder Behördenchef – und dennoch sind die Arbeitslosenzahlen während seiner Amtszeit sogar gestiegen.

Mit dem jüngsten Streit um seine Medienarbeit verliert Gerster erneut an Glaubwürdigkeit. Am Freitag muss sich Gerster vor dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages für die Öffentlichkeitsarbeit der BA rechtfertigen. 25 Millionen Euro will Gerster im nächsten Jahr ausgeben, um die Hartz-Gesetze dem gemeinen Volk zu erklären und den Arbeitsämtern zu einem neuen Image als Dienstleistungsagenturen zu verhelfen.

Die Berliner Marketingagentur WMP EuroCom mit dem früheren Bertelsmann-Manager Bernd Schiphorst soll die Image-Offensive entwickeln, sie bekommt dafür von der BA 1,3 Millionen Euro. Der Auftrag wurde ohne Ausschreibung an die WMP vergeben, der Etat für die Werbekampagnen erscheint vielen Oppositionspolitikern als zu hoch. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer rügte die „Eskapaden des Herrn Gerster“.

Es nützt Gerster nichts, dass er die Anschuldigungen als „inszenierte Medienkampagne“ herabwürdigt. Den Riss in seinem öffentlichen Bild kann er damit nicht reparieren. Dass ausgerechnet der Chef einer der wichtigsten Sozialbehörden als Medientaktiker und Wortklingler erscheint, stößt nicht nur Arbeitslosen sauer auf. Dabei setzte Bundeskanzler Gerhard Schröder große Hoffnungen in Gerster, als er ihn im Februar 2002 zum Chef der BA berief. Der damalige BA-Präsident Bernhard Jagoda war durch den Skandal um geschönte Vermittlungszahlen in Misskredit geraten.

Gerster hatte schon als SPD-Sozialminister im Bundesland Rheinland-Pfalz dafür plädiert, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes auf ein Jahr zu beschränken sowie Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenzulegen. Während seiner Amtszeit als BA-Chef wurde Gerster dann wegen der aufwändigen Renovierung seines Büros und wegen seines Führungsstils mehrfach persönlich angegriffen.

„Eine Reform kann nicht ohne Bewusstseinsänderung gelingen“, rechtfertigt Gerster heute die geplante Ausgabe der Werbemillionen. Doch seinen Gegnern sind solche Sätze schon zu autoritär. BARBARA DRIBBUSCH

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