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Archiv-Artikel

Afrikas Kirchen lockern ihre Aids-Strategie

Die 8. Gesamtafrikanische Kirchenkonferenz sucht nach gemeinsamen Positionen zu Aids, Kondomen und Moral

BERLIN taz ■ „Wiederaufbau“ ist das Thema der Achten Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz, die am Sonntag in Kameruns Hauptstadt Jaunde eröffnet worden ist. Unter Leitung des Generalsekretärs der Kirchenkonferenz, dem methodistischen Bischof des Südlichen Afrika Hamilton Mvume Dandala, beraten Vertreter aller christlichen Konfessionen auf dem afrikanischen Kontinent eine Woche lang über den Beitrag der Kirchen zur Erneuerung Afrikas nach Jahrzehnten von Kolonialismus und nachfolgendem Niedergang. Die Hoffnung der Organisatoren ist, den in den letzten Jahren von Afrikas Politikern entwickelten gesamtafrikanischen Aufbauplänen namens Nepad (Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung) eine spirituelle Dimension hinzuzufügen.

Konkret steht auf dem Programm die Lage der Kinder Afrikas im Vordergrund. Die zunehmende Anzahl von Kindersoldaten, der massive Kinderhandel in Afrika und die Ausbreitung von HIV/Aids gehören zu den Themen. In den letzten Jahren haben sich afrikanische Kirchen als nicht besonders hilfreich erwiesen, was den effektiven Kampf gegen Aids angeht. Immer wieder haben führende Bischöfe die Ausbreitung der Seuche zu einem Problem der persönlichen Moral erklärt, obwohl nur ein winziger Prozentsatz der nach UN-Schätzungen rund 36 Millionen Aidskranken und HIV-Positiven des Kontinents überhaupt seinen Aidsstatus kennt.

Aber gerade wegen der massiven Unwissenheit in der Gesellschaft ist es ein Leichtes für rigide Religionsführer, als einzig effektives Mittel gegen Aids strikte sexuelle Enthaltsamkeit zu predigen. Die in vielen afrikanischen Ländern von Aidsaktivisten popularisierte so genannte ABC-Strategie, (Abstain, Be faithful, use Condoms), die Enthaltsamkeit, Partnertreue und Kondonbenutzung als die drei Möglichkeiten zur Ansteckungsvermeidung darstellt, abwärts nach Effektivität gestaffelt, geht vor allem katholischen Kirchenführern oft schon zu weit, weil sie den Einsatz von Kondomen als letztes Mittel befürworten.

In den letzten Jahren hat es jedoch auf mehreren afrikanischen Kirchentreffen Ansätze gegeben, diese strenge Position zu lockern und die Kirchen damit vor der Marginalisierung in der Aidsdebatte zu bewahren. Das entsprechende Positionspapier für die Kirchenkonferenz von Jaunde geht dementsprechend in eine andere Richtung, mit der die Kirchen die moralische Lufthoheit wiederzugewinnen hoffen. „Die zunehmende Anzahl von HIV-Aids-Infizierten und -Betroffenen unter jungen Menschen ruft nach Führung in der Familie“, heißt es. „Eine solche Führung muss den Begriff der Unantastbarkeit des menschlichen Körpers beinhalten.“ Damit sollten auch Missstände wie sexueller Missbrauch von Minderjährigen, Vergewaltigung als Kriegsmittel und Prostitution als Einkommensmöglichkeit eingedämmt werden, hoffen die afrikanischen Kirchenführer. DOMINIC JOHNSON