: Max Planck höchst persönlich
Die Gründung eines Max-Planck-Instituts für Softwaresysteme in Saarbrücken und Karlsruhe sorgt für Ärger: PolitikerInnen vermuten persönliche Gründe dafür, dass Nordrhein-Westfalen leer ausgeht
VON HUBERTUS GÄRTNER
Heute wird in Berlin über den Wissenschaftsstandort NRW entschieden. Auf der Tagesordnung der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) steht unter anderem die Gründung eines neuen Max-Planck-Institutes für Softwaresysteme. Über die Frage, wo dieses Institut in Zukunft angesiedelt werden soll, ist im Wissenschaftsbetrieb ein erbitterter Streit entstanden. Auch politische Vertreter aus Nordrhein-Westfalen sind empört.
Die mächtige Max-Planck-Gesellschaft (MPG) will das neue Institut für Softwaresysteme in Kaiserslautern und Saarbrücken gründen. Sieben andere Standorte aus mehreren Bundesländern, darunter auch Paderborn und Aachen, hatten sich ebenfalls Hoffnungen gemacht. Sie werden höchstwahrscheinlich leer ausgehen. Es sei zwar „theoretisch möglich“, dass die in der BLK vertretenen Wissenschaftsminister und -ministerinnen von Bund und Ländern den Standort-Vorschlag der Max-Planck-Gesellschaft per Mehrheitsvotum kippten, sagt Thomas Breustedt, Sprecher im NRW-Wissenschaftsministerium. Derartiges sei aber „noch nie vorgekommen“. Es wäre, so Breustedt, „ein massiver Affront“ gegen die MPG, die über einen von Bund und Ländern finanzierten Jahresetat von 1,24 Milliarden Euro verfügt, 78 Institute und Forschungseinrichtungen betreibt, und ihre wissenschaftlichen Entscheidungen autonom treffen kann.
Dennoch: Wohl selten hat es im Vorfeld so viel Widerstand gegeben. Das belegen interne Briefwechsel, die der taz vorliegen. Nicht nur NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) spürt einen „bitteren Geschmack“, wenn er daran denkt, dass das neue Max-Planck-Institut mit 280 Wissenschaftlern und einem Jahresetat von zehn Millionen Euro in Saarbrücken und Kaiserslautern entstehen soll.
Auch die Gesellschaft für Informatik (GI), mit knapp 24.000 Mitgliedern Deutschlands größte Fachorganisation, übt schärfste Kritik. Es sei „problematisch“, dass das neue Institut „in einer Region angesiedelt werden soll, in der einerseits bereits große Teile der außeruniversitären Informatik-Grundlagenforschung in Deutschland angesiedelt sind, andererseits aber die gerade im Bereich der Softwaresysteme wichtige industrielle Anbindung weitgehend fehlt“, schrieb GI-Präsident Matthias Jarke vor wenigen Tagen an den MPG-Präsidenten Peter Gruss.
Jarke fürchtet ein „Quasimonopol“, das aufgrund seiner hohen öffentlichen Finanzierung „keinen innerdeutschen Wettbewerb mehr zu beachten braucht“. Ähnlich kritisch äußerte sich auch der „Fakultätentag Informatik der Universitäten in der Bundesrepublik Deutschland“. Für die Standort-Entscheidung finde sich „keine nachvollziehbare Argumentationskette“, teilte der Vorsitzende des Fakultätentages, Volker Claus, am 11. Oktober dem MPG-Präsidenten Gruss schriftlich mit.
Auch die Paderborner Bundestagsabgeordnete Ute Berg (SPD) bezweifelt ein faires Verfahren. Berg wandte sich schriftlich an den MPG-Präsidenten und an den WDR-Intendanten Fritz Pleitgen, der im Senat der Max-Planck-Gesellschaft sitzt. Die Bundestagsabgeordnete sieht eine „nicht vertretbare“ und „höchst problematische Verquickung“ vor allem darin, dass der Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft, Kurt Mehlhorn, intensiv an der Entscheidung für den Standort Saarbrücken beteiligt war, obwohl er gleichzeitig Direktor des bereits bestehenden Max-Planck-Instituts für Informatik in Saarbrücken ist. Der Standort des Auswahlvorsitzenden sei „identisch mit dem letztlich zur Auswahl vorgeschlagenen“ Standort, schreibt der Präsident der Gesellschaft für Informatik. Die Vorgänge um die Standortwahl seien „sehr intransparent“.
MPG-Präsident Peter Gruss wies die Anschuldigungen, die Max-Planck-Gesellschaft habe den Bewerben letztlich keine gleichen Chancen eingeräumt, „mit aller Entschiedenheit“ zurück. Es habe einen „sehr intensiven Evaluierungs- und Abwägungsprozess“ gegeben, schreibt Gruss. Die Entscheidung für Saarbrücken und Kaiserslautern beruhe auf „rein wissenschaftlichen Kriterien“.