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Archiv-Artikel

gemeinsam kicken Türken planen Vereinsfusion

Bernd Schultz überlegt länger, als man es von dem fixen Präsidenten des Berliner Fußball-Verbandes kennt. Die Nachricht, dass mit Yesilyurt, Türkiyemspor, Hürriyet und Berliner AK die vier türkischen Top-Clubs Fusiongespräche führen, hat ihn offenbar auf dem falschen Fuß erwischt. „Falls sich die vier wirklich zusammentun würden“, sagt Schultz schließlich, „könnte tatsächlich ein schlagkräftiger Club dabei herauskommen.“

Der Gedanke an eine Elefanten-Hochzeit im hiesigen Vereinsfußball scheint dem Chef aller Amateurvereine zu behagen: „Der neue Großclub hätte eine sportliche Perspektive in Richtung Regionalliga oder sogar darüber hinaus. Er wäre eine sehr interessante Alternative etwa in der Größenordnung von TeBe oder Union.“

Noch spielen drei der potenziellen Partner (Yesilyurt, Türkiyem, BAK) in der Oberliga, Hürriyet – eine Etage tiefer – in der 5. Liga. Mehmet Ali Han hat die Alleingänge satt. „Es bringt nichts, wenn jeder von uns vor 100 Zuschauern spielt und um dieselben Sponsoren kämpft. Es gibt in Berlin ein riesiges Potenzial an türkischen Fans und Sponsoren, aus dem wir Kraft schöpfen könnten“, erklärt der Präsident des BAK aus Wedding.

Türkiyem und Hürriyet seien von seinen Vorschlägen begeistert, versichert Han. „Sie würden am liebsten sofort mitmachen.“ Was wohl daran liegen dürfte, dass beide Vereine – ebenso wie BAK – finanziell nicht auf Rosen gebettet sind. Dem projektierten Club-Konglomerat prophezeit Han aus dem Stand eine vierstellige Mitgliederzahl und einen ebensolchen Zuschauerschnitt pro Heimspiel im Jahnsportpark, der ins Auge gefassten neuen Heimat.

Sein Optimismus rührt wohl auch daher, dass sich der wirtschaftlich relativ gut situierte SV Yesilyurt einer Eheanbahnung bisher nicht verweigert. „Prinzipiell ist das eine gute Idee, weil sie Synergie-Effekte bringt“, sagt Schatzmeister Ümit Ünsal. Worte, die Kenner der Amateurszene an ihren über Jahren erworbenen Insider-Kenntnissen zweifeln lassen. Bisher sind sie von einer herzlichen Abneigung zwischen Funktionären türkischer Vereine ausgegangen.

Vor allem das Verhältnis zwischen Türkiyem-Präsident Kadir Aslan und Yesilyurt-Manager Gökmen Ilkyaz gilt als, um es diplomatisch auszudrücken: unterkühlt. Am Rande der Oberliga-Partie im September hat Aslan seinem Antipoden vorgeworfen, einen Stürmer aus Kreuzberg zum Erzrivalen locken zu wollen. „Fiese Tricks“, zischte Aslan. Ilkyaz drohte zurück: „Entweder entschuldigt sich Aslan, oder ich leite rechtliche Schritte ein.“ Aslans Re-Reaktion: „Er soll sich entschuldigen, sonst …“ usw.

Jetzt trifft man sich tatsächlich beim Rechtsanwalt. Für den 18. November haben sich die vier Clubs bei Jürgen Pufahl angemeldet. Der ist Vereinsvorsitzender der Spandauer Kickers und gilt als Experte in Sachen Fusionen. „Eine Fusion ist eine juristisch komplizierte Angelegenheit“, betont er im Vorfeld.

Unterdessen hat das Quartett eine Kommission gebildet, um die Mitgift der einzelnen Clubs aufzulisten. Ein brisanter Punkt dürfte dabei – neben der Offenlegung finanzieller Altlasten – die Zusammensetzung von künftigem Vorstand und Aufsichtsrat sein.

Ein Yesilyurt-Offizieller macht inoffiziell bereits eine Sonderstellung für seine Farben geltend: „Wir bringen auch das meiste ein“, nämlich 532 Mitglieder und 19 Mannschaften. Die restlichen Aspiranten, so ist zu hören, sollen mit ihrer Buchführung nicht auf der Höhe der Zeit sein und mussten angeblich Angaben über ihre Mitgliederzahlen bislang schuldig bleiben. JÜRGEN SCHULZ