Konservative bejubeln Kopfpauschale

„Sozial gerecht“, „sehr zufrieden“, „gute Lösung“ – Christdemokraten freuen sich sechs Monate vor der Landtagswahl über die Einigung im Reformstreit zwischen CDU und CSU. Vernichtende Kritik der FDP-NRW: „Fauler Kompromiss“

DÜSSELDORF taz ■ Angela Merkel und Edmund Stoiber haben ihre Freunde in Nordrhein-Westfalen glücklich gemacht. Kurz nachdem die CDU-Chefin und der CSU-Vorsitzende gestern ihren Kompromiss im monatelangen Gesundheitsstreit verkündet hatten, ließ die Führungsriege der NRW-Christdemokraten ihrer Freude freien Lauf. CDU-Bundesvize und CDU-NRW-Chef Jürgen Rüttgers zeigte sich „sehr zufrieden“ und sprach von einer „guten Lösung, die Deutschland voran bringt“. Ralf Brauksiepe, Landesvorsitzender der CDU-Arbeitnehmerorganisation CDA, sprach von einem „guten Kompromiss“. Er sei „froh“, dass dieser „sozial gerechte“ Kompromiss zustande gekommen sei, sagte Brauksiepe gestern zur taz.

CDA-Bundeschef Hermann-Josef Arentz hält die Idee einer Kopfpauschale – offiziell sprechen die Konservativen von einer „Gesundheitsprämie“ – in Höhe von 109 Euro für alle gesetzlich Versicherten für „ausgesprochen gut“. Er sei fest davon überzeugt, „dass dieser Vorschlag Bestand hat“, sagte der NRW-Landtagsabgeordnete Arentz im Deutschlandfunk. „Ich bin ganz sicher, die Union wird mit diesem Kompromiss im Wettbewerb mit den Sozialdemokraten, die ja die Bürgerversicherung wollen, ausgesprochen gut Punkte machen.“ Die „Gesundheitsprämie“ von 109 Euro sei „nur ein rechnerischer Wert“.

Nach monatelangem Streit hatten sich CDU und CSU am Sonntag auf eine gemeinsame Linie für eine Gesundheitsprämie geeinigt. „Es ist das, was jetzt möglich ist“, sagte NRW-Oppositionschef Jürgen Rüttgers gestern in Düsseldorf. „Jetzt ist klar, was CDU und CSU gemeinsam wollen. Damit können wir geschlossen in die Parteitage gehen.“ Der CDU-Bundesparteitag tagt Anfang Dezember in Düsseldorf. Seit Wochen hatte Rüttgers eine Einigung zwischen den christlichen Schwesterparteien gefordert. Gut sechs Monate vor der NRW-Landtagswahl am 22. Mai 2005 hatte die CDU-NRW Druck für einen Gesundheitskompromiss gemacht, um im Wahlkampf geschlossen auftreten zu können. Zwischenzeitlich war Rüttgers mit eigenen Kompromiss-Vorschlägen an die Öffentlichkeit gegangen und hatte so den Zwist innerhalb der Christdemokratie noch verschärft. „Jetzt sprechen wir mit einer Stimme. Das ist gut vermittelbar“, so CDA-Landeschef Brauksiepe.

Der mögliche Koalitionspartner der Konservativen kritisierte den Kompromiss hingegen mit scharfen Worten. „Sowas wird mit uns nicht vereinbar sein“, sagte der FDP-NRW-Landesvorsitzende Andreas Pinkwart. „Die Union gefährdet mit diesem faulen Kompromiss ihre Regierungsfähigkeit.“ Das Unions-Modell sei so kompliziert, dass es nie durchsetzbar sein werde, sagte Pinkwart.

„Das stört uns nicht“, reagierte CDA-Landeschef Brauksiepe auf die vernichtende Kritik der Liberalen. Die FDP-Position, die solidarische Krankenversicherung abzuschaffen, sei mit der Union nicht machbar. Arbeitnehmer Brauksiepe zur taz: „Wir machen Unionspolitik pur und übernehmen nicht irgendwelche Positionen der FDP.“ MARTIN TEIGELER

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