Leises Trommeln für den Euro : London: Eurogegner freuen sich über Eichel
VON RALF SOTSCHECK
Gordon Brown ist hoch zufrieden. Der britische Schatzkanzler war schon immer gegen den Stabilitätspakt. Nun, da er begraben oder zumindest auf Eis gelegt ist, findet Brown, dass die EU den britischen Regeln folgen sollte. Und die sind flexibel. Sie ziehen den Wirtschaftszyklus und das Ausmaß der Staatsverschuldung mit in Betracht. Es sei fair, argumentiert Brown, dass künftige Generationen die Schulden für Investitionen abzahlten, da ja auch die Vorteile großer Kapitalprojekte länger als eine Generation anhielten. Deshalb müsse Bewegungsspielraum bleiben. An eine Regel will sich Brown jedoch halten: Die Staatsverschuldung muss unter 40 Prozent des Bruttosozialprodukts bleiben.
Die Befürworter des britischen Beitritts zur Eurozone, zu denen auch Premierminister Tony Blair gehört, sind dagegen gar nicht glücklich mit der Entscheidung, Deutschland und Frankreich eine weitere Schonfrist einzuräumen und sie nicht dafür zu bestrafen, dass sie im dritten Jahr in Folge die zulässige Höchstverschuldung überschritten haben. Es erschwere es, die Bevölkerung von den Vorzügen des Euros zu überzeugen, wenn die großen Länder die selbst aufgestellten Regeln straffrei außer Kraft setzen können, während kleinere Länder im gleichen Fall wohl mit Sanktionen rechnen müssten. Darüber hinaus würde jetzt wohl auch die Europäische Zentralbank negativ reagieren. Britische Analysten erwarten, dass die Bank den Zinssatz früher als angekündigt anheben wird.
Es sei „höchst ironisch“, merkte der Guardian genüsslich an, dass ausgerechnet die Deutschen für die schwerste Krise des Stabilitätspakts verantwortlich sind. Schließlich seien sie auf dem EU-Gipfel in Dublin 1996 die Architekten ebendieses Pakts gewesen. „Damals hätte niemand eine Wette darauf angenommen, dass die Deutschen einmal zu den bösen Jungs zählen würden“, höhnte das Blatt. „Alles hielt die Italiener für die wahrscheinlichsten Übeltäter.“ Robert Chote, der Direktor des Londoner Institute for Fiscal Studies, sagte, die Finanzminister hätten vor der Wahl gestanden, sich an schlechte Regeln zu halten oder das Regelwerk zu zerreißen und neu anzufangen. „Regeln aufzustellen und sie dann zu brechen“ fügte er hinzu, „ist jedoch das Schlimmste, was man tun kann.“