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Archiv-Artikel

Gegen Mehrwegzwang

GETRÄNKEFLASCHEN Ministerium prüft Mehrwegpflicht für Läden. Einzelhandel: „Das wäre vielleicht in der DDR gegangen, aber nicht in der Marktwirtschaft“

BERLIN taz | Die Vorschläge zur Steigerung der Mehrwegquote bei Getränkeverpackungen (taz von Freitag) sind beim Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) auf scharfe Kritik gestoßen. Eine bessere Kennzeichnung sei unnötig, sagte Geschäftsführer Hubertus Pellengahr der taz. Weitergehende Vorschriften wie eine Mehrweg- pflicht lehnte er entschieden ab.

Als Reaktion auf den drastischen Rückgang der Mehrwegquote auf unter 50 Prozent hatten Umweltverbände und Teile der Getränkeindustrie am Mittwoch gefordert, Einweg- und Mehrwegflaschen deutlicher zu kennzeichnen, weil viele VerbraucherInnen sie nicht unterscheiden könnten. Dies hält Pellengahr für unnötig. „Die Kennzeichnung ist klar genug“, sagte Pellengahr. „Und der Kunde hört doch schon am Sound des Automaten, dass Einwegflaschen zerschreddert werden.“

Empört zeigte sich der HDE-Chef über weitergehende Vorschläge. Die Deutsche Umwelthilfe hatte gefordert, eine zusätzliche Abgabe von 20 Cent auf Einwegflaschen zu erheben; das Bundesumweltministerium prüft zudem, ob alle Einzelhändler verpflichtet werden können, auch Mehrweg anzubieten. „Man kann Geschäften nicht vorschreiben, was sie verkaufen müssen“, sagte Pellengahr dazu. „Das wäre vielleicht in der DDR gegangen, aber nicht in der Marktwirtschaft.“

Das Bundesumweltministerium reagierte verwundert auf diese Position. „Wir sind beeindruckt, dass der Einzelhandelsverband in der Lage ist, spontan eine juristische Entscheidung zu treffen“, sagte ein Sprecher. „Wir hingegen wollen den Sachverhalt zunächst sorgfältig prüfen.“

Auch Cornelia Ziehm, Juristin bei der Deutschen Umwelthilfe, teilt die rechtliche Einschätzung des HDE nicht. Einschränkungen der Gewerbefreiheit aus übergeordneten Gründen seien durchaus möglich. Auch die EU-Wettbewerbsregeln stünden dem nicht automatisch entgegen. „Einzelstaatliche Umweltregeln können durchaus zulässig sein, wenn sie gut begründet sind.“ MALTE KREUTZFELDT