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Archiv-Artikel

berliner szenen Ecke Alt-Moabit

Zu wenig Tranquillos

Ein Konzert in der Universal Hall erinnert stark an früher, als man zu Popkonzerten von Göttingen nach Braunschweig fahren musste, nach Kassel oder Bochum – die Location ist weit ab von Schuss, man kennt sich nicht nicht aus, muss gucken, wo man am besten parkt, weiß nicht, ob es Imbisse zum Präbier-Einnehmen gibt. Wasteland Moabit, Alt-Moabit, Ecke Gotzkowskystraße, eigentlich ein guter Ort für eine Band, die Black Rebel Motorcycle Club heißt. Auf der Straße Alt-Moabit leichte abendliche Unruhe. Jungsgruppen huschen über die Straße, aber auch Menschen, von denen man nicht weiß: Wohnen sie hier, wollen sie nach Hause oder aufs Konzert?

Am Einlass geht es friedlich-freundlich zu, die Universal Hall ist nicht ausverkauft, es herrscht eine entspannte Atmosphäre. Drinnen hat man in den hinteren Reihen wieder einmal das Gefühl, unter vielen Mittdreißigern und Mittvierzigern zu stehen, auch unter solchen, die wie Locals aussehen: Jeansjacke, Vokuhila, Schnauzer. Black Rebel Motorcycle Club gehören trotz ihres Namens mit in die Gruppe der The-Bands, sind sozusagen mit den Strokes groß geworden, sprechen anscheinend aber auch viele alte Rocker an mit ihrer Songfrage: Whatever Happened To My Rock ’n’ Roll? Dem hübschen blonden und sehr zugekifften Jüngling neben uns und seinen genauso zugekifften Freund im BRMC-T-Shirt passt das nicht so: „Also nee, diese Audienz hier, dann diese Bistro-Atmosphäre, das ist es nicht. Außerdem spielen Black Rebel Motorcycle Club zu wenig Tranquillos, das können sie nämlich am besten!“ Dann giggeln er und sein Freund wieder, bewerfen sich mit irgendwelchen Papierchen und machen den Eindruck, als hätten sie an diesem Abend noch viel Spaß. GERRIT BARTELS