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Wellness-Kur für Tante Emma

Mit einem neuen Franchise-Konzept will der Großhändler in den nächsten zwei Jahren 210 Kioske in neumodische Conveniance-Shops umwandeln. IHK: Damit wird eine Marktlücke geschlossen

AUS BOCHUM ULLA JASPER

Der Frechener Großhandelskonzern Lekkerland-Tobaccoland (L-T) sagt den letzten verbliebenen Tante-Emma-Läden und Buden mit einer eigenen Kiosk-Kette den Kampf an.

Geht es nach den Vorstellungen des Vorsitzenden der L-T Geschäftsführung, Christian Berner, markiert die Eröffnung des ersten everyday-Kiosks gestern in Bochum den Beginn einer Marktoffensive, mit der bis 2006 deutschlandweit rund 210 Kioske unter dem neuen Logo entstehen und 120 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften sollen. Das unternehmerische Risiko tragen die Kioskbesitzer – der Konzern gibt nur seinen Namen und stellt das Franchise-Konzept gegen Gebühr zur Verfügung.

Die everyday-Shops seien „genau das Richtige für den mobilen Verbraucher des 21. Jahrhunderts, der nicht mehr auf den Preis schaut“, träumt Berner von kaufkräftigen, aber vergesslichen Großstadtmenschen, die es nicht mehr rechtzeitig zum Supermarkt geschafft haben und deshalb das Abendessen für ihre vierköpfige Familie an der Bude um die Ecke kaufen. Haben sie das Glück, neben einem everyday-Shop zu wohnen, können sie sich dort nicht nur mit dem üblichen Kiosk-Sortiment an Süßwaren, Zigaretten und Zeitschriften eindecken, sondern finden auch frische Brötchen, FastFood und Non-Food-Artikel. Alles kräftig beworben auf Flachbildschirmen, trendiger Leuchtreklame und mit Mottoaktionen. „Hier kann der Verbraucher seinen täglichen, kurzfristigen Bedarf schnell und bequem decken,“ erklärt Berner die Geschäftsidee.

Argwöhnisch beobachtet von schaulustigen Rentnern schwärmt der Manager von Wellness-Shopping, Food-Service und Start-Up-Paketen in jedem Kiosk: „Convenience ist gefragt und everyday ist die Antwort darauf.“ Und der Lekkerland-Chef gibt sich ganz sozial: Man habe eine Verpflichtung, etwas gegen das Aussterben der Innenstädte zu tun. Gerade ältere, alleinstehende Frauen seien heute oft nicht in der Lage, bei den Discountern auf der grünen Wiese ihre Einkäufe zu erledigen.

Auch Axel Schumacher, Einzelhandelsexperte der Industrie- und Handelskammer Gelsenkirchen, glaubt an den Erfolg der Lekkerland-Offensive. „Wir sehen eine Marktlücke für diese neuen Shops“, da es gerade in kleineren Wohngebieten mit bis zu 2.000 Einwohnern heute kaum noch Supermärkte gebe. Einen weiteren, entscheidenden Wettbewerbsvorteil sieht Schumacher in den Ladenöffnungszeiten der Kioske, die abends bis 22 Uhr geöffnet bleiben dürften. „Darin liegt ihre große Chance.“

Doch Lekkerlands Convenience-Offensive löst nicht bei jedem Kioskbesitzer Jubelstürme aus. „Wir beobachten die Entwicklung sehr genau“, erklärt der Betreiber mehrerer Kioske in der Bochumer Innenstadt. „Doch die Franchise-Lizenz kostet ja auch eine Menge.“ Neben einer monatlichen Markengebühr für den Namen „everyday“ und den Gewinnen, die Lekkerland ohnehin als Lieferant vieler Trinkhallen macht, kommen noch je nach Warengruppe bis zu zehn Prozent des Umsatzes hinzu. Er habe sich deshalb gegen everyday entschieden: „Ohne die fahren wir besser.“

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