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Archiv-Artikel

Mehr Flexibilität statt Mehrarbeit

Statt die Arbeitszeit zu verlängern, sollte sie in Zukunft flexibler gestaltet werden, fordert der Kölner DGB. Eine Aktionszeitung gibt den Beschäftigten Argumente an die Hand

KÖLN taz ■ In die derzeitige Debatte um längere Arbeitszeiten und die Streichung von Feiertagen hat sich jetzt der Kölner DGB eingeschaltet. „Eigentlich geht es dabei um Lohnsenkung“, erklärte Wolfgang Uellenberg-van Dawen, DGB-Chef der Region Köln, gestern bei einer Pressekonferenz mit Vertretern der Kölner Einzelgewerkschaften. Hätten die Beschäftigten aber weniger in der Tasche, habe das „schlimme Folgen“ für die gesamte Region: Schon jetzt gebe es – wegen der hohen Arbeitslosigkeit – enorme Kaufkraftverluste und immer mehr Betriebsinsolvenzen.

Darüber hinaus, so betonte Wittich Rossmann von der Kölner IG Metall, mache die Forderung nach längeren Arbeitszeiten volkswirtschaftlich überhaupt keinen Sinn, weil dadurch weder mehr Wachstum noch ein höheres Bruttosozialprodukt entstehe. „Weniger Beschäftigte können heute mehr Umsatz machen“, sagte Rossmann. So habe die IG Metall gerade eine Umfrage unter „ihren“ Betrieben gemacht. Danach habe kein einziges Unternehmen einen Auftrag ablehnen müssen, weil es zu wenig Arbeitszeitressourcen gehabt hätte. Im Gegenteil sei der Umsatz in 2004 bei sieben Prozent weniger Beschäftigten sogar um acht Prozent gestiegen.

Die einhellige Botschaft der Gewerkschafter: Statt Verlängerung der Arbeitszeit sollte weiter an ihrer Flexibilisierung gearbeitet werden. Damit sei den Arbeitgebern oft sogar besser gedient. Gunnar Behrendt von der Kölner IG Chemie erklärte, dass in seinem Bereich schon jetzt so hohe Flexibilität herrsche, dass die Betriebe ihre Mitarbeiter „entsprechend der Auftragslage“ einsetzen könnten. Ähnlich argumentierte Beatrix Fries für den Bereich Nahrungsmittel, Genuss und Gaststätten: „Wir brauchen keine Arbeitszeitverlängerung, weil die Arbeitszeit hier sehr flexibel gehandhabt wird“. Solche Modelle von „moderner Arbeitszeitpolitik“ sollten zukünftig in Kölner Betrieben ausgebaut werden, so Uellenberg. Dies hätte auch für die Arbeitnehmer einige Vorteile, betonte er. So könnte damit etwa Zeit für Sabbatjahre oder Bildungswochen angespart werden.

Um den Arbeitnehmern ein paar Argumente gegen Arbeitszeitverlängerung und für eine mehr Flexibilität an die Hand zu geben, hat der DGB eine Aktionszeitung erstellt, die derzeit in Kölner Betrieben verteilt wird. Uellenberg: „Wir wollen keine Abwehrschlacht führen, sondern unsere Ideen nach vorne bringen.“ Susanne Gannott