: Hoffen, dass der Kracher kommt
Die regionale Wirtschaft will den Jadeweserport. Bis zu 5.300 Jobs soll er bringen. Ob und wann genau die Bagger für den Tiefwasserhafen rollen, konnte aber auch auf der Regionalkonferenz „Fit for port“ niemand sagen
AUS WILHELMSHAVENKAI SCHÖNEBERG
„Wir fragen uns schon, ob wir nicht bald eine Niederlassung in Wilhelmshaven brauchen“, sagt Thomas Henning, Geschäftsführer der SLS. Der IT-Dienstleister aus Berne will aber auf jeden Fall an die Jade, wenn der Bau des Wilhelmhavener „Jahrhundertprojekts“ losgeht. Ob und wann genau die Bagger für den Tiefwasserhafen rollen werden, konnte aber auch auf der Regionalkonferenz „Fit for port“ niemand sagen. Vom „packenden Bild“ der Kräne, vom „Hub“ Wilhelmshaven, einem Meeres-Drehkreuz, das Häfen von St. Petersburg bis Hull bediene, frohlockte Helmut Werner, Chef der Realisierungsgesellschaft Jadeweserport am Donnerstag vor 400 Interessenten. Aber auch davon, dass „wir ohne Betreiber keine Schaufel in die Hand nehmen“. Mit Betreiber solle es jedoch im zweiten Halbjahr 2005 losgehen.
Hoteliers, Spediteure, Makler, Lagerarbeiter und Lotsen hoffen auf den Hafen – und auf die Jobs, die er und sein Umfeld bringen sollen. Von bis zu 5.800 spricht Wilhelmshavens OB Eberhard Menzel (SPD) – bis 2030. Grundstücke in Hafennähe habe Wilhelmshaven zwar „noch keine“ verkauft, „aber wir merken an den Anfragen auch aus dem Süden, dass das ein Marketinginstrument für uns ist“. Darauf, dass „der erste 10.000 Container-Kracher am 23. November 2009“ in Wilhelmshaven anlegen werde, freute sich Joachim Erdmann aus dem Wirtschaftsministerium. Um später einzuräumen, dass der Termin von Honoratioren eher willkürlich gesetzt worden sei – um „Zuversicht zu zeigen“.
Die braucht das Projekt auch. Viele Umweltschutzverbände haben Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt. Zudem sei die ungelöste Frage des Betreibers, der um die 300 Millionen Privat-Euro nach Wilhelmshaven bringen soll, ein wettbewerbsrechtliches „Tretminenfeld“, sagt Ministeriumsmann Erdmann. HHLA (Hamburg), P&O (Niederlande/Großbritannien), Maersk (Dänemark) und PSA (Singapur) kämen in Frage, auch die bremisch-hamburgische Eurogate. Im kommenden Jahr wird ausgeschrieben.
Gleichzeitig deutet Erdmann an, dass sich Niedersachsen bei der von Hamburg gewünschten Elbvertiefung quer stellen könnte, um seinen Traum vom Port für die 400 Meter langen Riesenpötte mit 16 Meter Tiefgang zu verwirklichen: „Hamburg sagt zwar immer, es sei der zweitgrößte Arbeitgeber Niedersachsens, aber erst mal müssen die Folgen der letzten Elbvertiefung ökologisch ausgewertet sein“. Natürlich passt Niedersachsen, das das Projekt gemeinsam mit Bremen in den Jadesand stellen will, die mit der Vertiefung verbundene „Aufwertung“ des großen Konkurrenten wenig. Erdmann sieht also einen „Hebel“ und sagt: „Fraglich, ob man das unterstützt“. Der Hamburger Senat hatte entschieden, sich nicht am Jadeweserport zu beteiligen.
Das Politikgeplänkel interessierte die zur Regionalkonferenz Angereisten wenig. Sie wollten Konkretes. „Das gibt es hier wenig“, sagte Thomas Jackmuth von der IG Bau. Gerade die Baubranche setzt große Hoffnungen in den Port. Wilhelmshaven hat 12 Prozent Arbeitslose, in der Baubranche sind es sogar 20. Immerhin, so Jackmuth, werde es wohl auch kleine Baulose für Mittelständler geben. Während der Bau der Küstenautobahn A 22 von Varel nach Westerstede nun von Nordwest-Politikern gepusht werden soll (siehe unten links), ist aber noch unklar, ob sich am Port jemals Poliere aus der Region ihre Brötchen verdienen können. „Hafenbau können hier nur wenige“, sagt der Gewerkschaftler Jackmuth. „Das machen nur die Holländer.“