: Ungesicherte Schill-Behörde
SPD-Spionageaffäre von Staatsanwaltschaft eingestellt. Trotz einjähriger Ermittlung und Razzia im Parteibüro kein Tatverdacht. Aber Schlampereien in Schills Innenbehörde
Die so genannte SPD-Spionageaffäre um Parteisprecher Christoph Holstein und eine Sekretärin der Hamburger Innenbehörde ist eingestellt worden. Einen entsprechenden Beschluss hat die Hamburger Staatsanwaltschaft nach fast einjährigen Ermittlungen nun gefasst. In mehreren Detailpunkten, so heißt es in der sechsseitigen Begründung, sei „ein sicherer Nachweis nicht zu führen“, dass die Sekretärin einen vertraulichen Vermerk aus der Innenbehörde an Holstein weitergeleitet habe.
Deshalb bestehe gegen den Pressesprecher des SPD-Landesvorsitzenden Olaf Scholz „in Ermangelung einer nachweislichen Haupttat der Beschuldigten“ auch nicht mehr der Verdacht, diese zum Geheimnisverrat angestiftet zu haben. Dies sei „eine Ohrfeige“ für die politisch Verantwortlichen, kommentiert Scholz, die ja inzwischen „über ihr eigenes Verhalten gestürzt sind“: Ex-Innensenator Ronald Schill und sein Staatsrat Walter Wellinghausen.
Zugleich enthält der Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft wenig Rühmliches über die damalige Chefetage der Innenbehörde. So könne „der Zugang Unbefugter“ zu dem fraglichen Papier auf dem „nicht besonders gesicherten Flur der Behördenleitung nicht ausgeschlossen werden“.
Dies gelte vor allem hinsichtlich des „verlassenen und unverschlossenen Büros des Zeugen Nockemann, in dem der Vermerk offen auf dem Schreibtisch lag“. Schills damaliger Büroleiter und jetziger Innensenator Dirk Nockemann wird damit attestiert, vertrauliche Behördeninterna ungesichert dem Zugriff Dritter ausgesetzt zu haben.
Schill-Referent Thomas Model hatte am 28. November vorigen Jahres eine rein formale Ausschreibung des Postens eines Pressesprechers vorgeschlagen, die Schills Wunschkandidat Marc März gewinnen würde. Dieser Vermerk gelangte an mehrere Hamburger Zeitungen. Schill und Wellinghausen verdächtigen ihre Sekretärin, das Papier via Holstein an die Medien lanciert zu haben. Selbst eine Razzia in der SPD-Parteizentrale erbrachte keinerlei Verdachtsmomente. Gleichwohl verglichen mehrere Schill-Politiker den „Spionagefall“ mit der Guillaume-Affäre und drohten mit einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Das war ein heftiger Schuss in den Ofen. sven-michael veit