„Wichtiges Symbol“

Der Kulturwissenschaftler Werner Schiffauer unterstützt die Forderung nach einem muslimischen Feiertag

taz: Herr Schiffauer, Christian Ströbele von den Grünen hat sich für einen muslimischen Feiertag in Deutschland ausgesprochen. Ist das eine gute Idee?

Werner Schiffauer: Ich halte Ströbeles Vorschlag für sinnvoll. Denn zumindest wäre das ein symbolischer Schritt der Politik. Den muslimischen Gemeinden sind solche Symbole wichtiger, als wir denken.

Aber würde ein muslimischer Feiertag jenseits der Symbolik etwas bewirken?

Wir müssen uns damit abfinden, dass wir eine multireligiöse Gesellschaft sind. Ein Feiertag für Muslime neben den sechs oder sieben christlichen Feiertagen würde das endlich offiziell machen und wäre ein deutliches Bekenntnis der deutschen Politik: Wir erkennen an, dass es eine islamische Minderheit gibt, die in unserem Land ihren Platz hat.

Welchen muslimischen Feiertag fänden Sie sinnvoll?

Die Muslime würden wohl das Opferfest vorschlagen, bei dem des Abraham-Opfers gedacht wird. Das wäre auch Anlass dafür, die Gemeinsamkeit der drei Weltreligionen zu betonen: Sowohl für Muslime als auch für Christen und Juden ist das Abraham-Opfer wichtig.

Wie aber sollten die Nicht-Muslime in Deutschland diesen Feiertag begehen?

Es wäre wünschenswert, dass es parallele Veranstaltungen der Kirchen an diesem Tag gäbe. Das Opferfest könnte auch zusammen gefeiert werden.

Ströbele stößt mit seinem Vorstoß in der Politik bisher kaum auf offene Ohren. Sein Vorschlag wird von den meisten als „Quatsch“ abgetan.

Die Politiker haben Angst: vor den Reaktion der Kirchen und vor den Reaktionen der Mehrheitsbevölkerung, die möglicherweise Sturm laufen würde. Vielen Politikern ist die Sache es einfach nicht wert, sich die Finger daran zu verbrennen.

Kann ein Feiertag gesellschaftliche Identität schaffen?

Nein, das glaube ich nicht. Auch der muslimischer Feiertag wäre nicht identitätsstiftend.

Also lieber weltliche Feiertage wie der 3. Oktober, um das Gemeinschaftsgefühl zu fördern?

Eine kollektive Identität im Staat wird auch dadurch nicht gefördert. Die Festreden könnte man auch so halten. Der Staat wird an die Stelle von Religion gesetzt – wie man es im Sozialismus gesehen hat. Feiertage sind ursprünglich religiös, und das sollten sie auch bleiben.

INTERVIEW: SASCHA TEGTMEIER