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Archiv-Artikel

Bitter bezahlte Leistungsschau

BUNDESGARTENSCHAU: In Schwerin eröffnet übermorgen die Buga. Laut ihren Kritikern ist sie weder ökologisch noch ökonomisch nachhaltig. Auf ihre Kosten würde hingegen – wie immer – die Gartenlobby kommen

Die Bundesgartenschau im Norden

Zur 30. Bundesgartenschau erwartet Schwerin zwischen dem 23. April und 11. Oktober etwa 1,8 Millionen Besucher. Diesen Andrang lassen sich das Land Mecklenburg-Vorpommern und seine Hauptstadt 74,5 Millionen Euro kosten. Auf einer Gesamtfläche von 550.000 Quadratmetern wird in sieben thematisch geordneten Gärten und drei Hallen die Welt der Pflanzen präsentiert: Küchengarten, Ufergarten oder Naturgarten und – gedacht als Höhepunkt – der Garten des 21. Jahrhunderts als schwimmende Wiese auf dem Burgsee. Das alles gruppiert sich mitten in der Stadt rings um das Schweriner Schloss. Geöffnet ist die Buga täglich von 9 Uhr bis zur Dämmerung, der Eintritt beträgt 16 Euro, ermäßigt 14 Euro, Kinder zahlen 4 Euro. Dazu gibt es zahlreiche Sondertarife für Schulklassen und andere Gruppen. Das Gelände liegt nur wenige Gehminuten entfernt von den beiden Bahnhöfen Schwerin Hbf und Mitte. Detailinfos unter: www.buga-2009.de.  SMV

VON MAXIMILIAN PROBST

Ach, die Buga, die Bundesgartenschau: das ist ein seltsames, ein zwittriges Gewächs. Da sind die zauberhaften Blüten, Blüten und Blüten, die jetzt wieder ein Millionenpublikum von Hobbygärtnern nach Schwerin locken. Da sind aber auch ein paar Dornen, die noch üble Wunden schlagen können, wenn sie es nicht schon längst getan haben. Das zumindest ist die Ansicht, die der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vertritt. Der übermorgen beginnenden Schau in Schwerin halten die Umweltschützer vor, weder ökologisch noch ökonomisch noch sozial nachhaltig ausgerichtet zu sein.

„Das Problem fängt damit an, dass bereits in der Vorbereitung 1.000 bis 2.000 Bäume gefällt wurden“, sagt Arndt Müller, der für den BUND in Schwerin seit Planungsbeginn die Buga im Blick hat. Und habe seinen Lauf genommen mit dem Vorhaben der Buga, mehrere Bewässerungsgräben durch ein geschütztes Moorgebiet zu ziehen. Denn ein Teil des Moores war als „Naturgarten“ vorgesehen, die Besucher sollten dort die Möglichkeit haben, die Natur hautnah zu erfahren – freilich trockenen Fußes.

Der BUND prozessierte gegen die Pläne und erreichte einen Vergleich. Genehmigt wurde schließlich ein Bewässerungsgraben. Dazu noch eine ganze Reihe von Stegen, die jetzt den Besucherstrom ins Moor lenken sollen – und die laut BUND gleich noch ein paar Baumfällungen in ihrem Umfeld nach sich gezogen haben.

Vor Gericht gingen die Naturschützer auch, um den Eingriff in die Natur rund ums Schloss zu verhindern. Das Ergebnis war erneut ein Vergleich: Das westliche Ufer des Burgsees konnte in seiner alten grünen Gestalt erhalten werden, die anderen Uferstreifen sind nun für die Buga mit Betonkanten und Treppen eingefasst und für den Massenansturm zugänglich gemacht worden.

Naturschutz gegen Gartenschau: Für Jürgen Milchert, der an der Fachhochschule Osnabrück Landschaftsarchitektur lehrt und sich im besonderen mit den Bundesgartenschauen befasst hat, ist das ein klassischer Konflikt. „Die einen wollen bewahren“, sagt er, „die anderen wollen zeigen, wie schnell sie etwas Neues bauen können.“

Kritisieren, sagt er, sollte man beides. Die Naturschützer sollten nicht jeden Baum zählen. Die Buga hingegen sollte sich mehr an dem ausrichten, was bereits da ist. Das dies so selten geschieht, hat laut Milchert einen einfachen Grund: die Honorarverordnung. „Es lässt sich am meisten verdienen, wenn möglichst viel neu gemacht wird.“

Mit einem Prestigeobjekt wie der „Schwimmenden Wiese“ vielleicht. Die gar nicht schwimmt. „Das ist ein im Boden verankertes Bauwerk“, schimpft Müller, „ein riesiges rechteckiges Gebilde, das man in ein wertvolles Gewässer hineingedrängt hat.“ 23 Millionen soll es gekostet haben. Überhaupt, die Kosten. „Das muss man kritisch sehen“, sagt Milchert.

Denn auf denen blieben immer die Städte sitzen. 2005 in München waren es 12 Millionen, bei der IGA 2003 in Rostock 20 Millionen. Eine Gewinngarantie hätte dagegen die Gartenlobby, die hinter der Veranstaltung steht. Genauer: der Zentralverband Gartenbau, der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau und der Bund deutscher Baumschulen. „Eine Buga ist erster Linie eine Leistungsschau, die diesen Verbänden dient“, sagt Milchert.

Die ausrichtende Kommune kann von einer Gartenschau hingegen nur profitieren, indem sie Standortpolitik betreibt. Das hat bis Anfang der 1980er Jahre öfters geklappt, seitdem aber immer seltener. Aber die Hoffnung ist da. Und so will auch Schwerin die Buga nutzen, um gezielt Neubürger zu werben. Am Haupteingang gibt es dazu eigens einen Pavillon zur Information und Beratung.