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Archiv-Artikel

SYMPATHISCH, ABER UTOPISCH: EIN ISLAMISCHER FEIERTAG IN DEUTSCHLAND Nette Geste zur falschen Zeit

Es ist eine rein deutsche Selbstverständnisdebatte: Seit Hans-Christian Ströbele vorgeschlagen hat, einen muslimischen Festtag in Deutschland zum gesetzlichen Feiertag zu erheben, schlagen die Wogen der Empörung hoch: Von „Verletzung der christlichen Gefühle“ bis zu „Schaden für die Integration“ reichen die Reaktionen. Muslime schalten sich erst langsam in die Debatte ein. Denn der Grüne will sie mit einem Zugeständnis beglücken, von dem die meisten noch nicht einmal zu träumen gewagt haben – geschweige denn zu fordern.

Dabei wäre ein muslimischer Feiertag ein mutiges Signal nach vorn. Zwar versteht sich Deutschland inzwischen als Einwanderungsland. Doch institutionell sind Migranten hier noch lange nicht angekommen. Mit einem eigenen Feiertag wären die immerhin 3,1 Millionen Muslime in Deutschland endlich im Festtagskalender verankert. Die multikulturelle Gesellschaft wäre damit erstmals mehr als ein bloß desinteressiertes Nebeneinander. Man könnte sich gemeinsam auf einen freien Tag freuen. Oder auf zwei – denn manchmal, so hat die Bild-Zeitung schon recherchiert, finden muslimische Feiertage wegen des kürzeren Mondkalenders sogar zweimal im Jahr statt.

Völlig absurd, wie seine Gegner unterstellen, ist der Vorschlag übrigens nicht: Im Nachbarland Frankreich wurde auch schon mit ähnlichen Gedanken gespielt. Und in kreolisierten Einwanderungsgesellschaften, beispielsweise auf Karibik-Inseln wie Surinam oder Trinidad, werden christliche, muslimisch und hinduistische Feiertage längst gleichwertig miteinander begangen. Nur gibt es dort eben keine dominante Mehrheitsgesellschaft. In Deutschland schon.

Deshalb hat Ströbeles Vorschlag keinerlei Chance auf eine Verwirklichung – er wird bestenfalls belächelt, schlimmstenfalls mit Schaum vor dem Mund in Bausch und Bogen abgelehnt. Ströbeles Vorstoß hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt kommen können. Denn so sicher wie nach dem Mord in den Niederlanden war sich die Bundesrepublik der Überlegenheit ihrer Leitkultur schon lange nicht mehr. EDITH KRESTA