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Archiv-Artikel

Zwei Häftlinge 266-mal gefoltert

US-GEHEIMDIENSTE Zwei der in Guantánamo inhaftierten angeblichen Terroristen wurden von den Vernehmern der CIA wiederholt mit simuliertem Ertränken gefoltert

Foltermethoden

Waterboarding: Beim simulierten Ertrinken wird dem gefesselten Verdächtigen, der auf eine nach unten geneigte Bank gefesselt ist, ein nasses Tuch über das gesamte Gesicht gezogen. Das Gefühl des Erstickens wird dadurch erzeugt, dass Wasser auf das Tuch nachgeschüttet wird. Dadurch steigt der Kohlendioxidgehalt im Blut des Verdächtigen. Er schnappt nach Luft.

Ermüdungsstrategien: Verdächtigen wurde befohlen, lange regungslos zu stehen oder das Gesicht auf keinen Fall zu bewegen. Eine Schwächung wurde zudem durch Schlafentzug bis zu 96 Stunden erzielt oder durch stundenlanges Einsperren in engen Räumen.

VON CHRISTIAN SEMLER

Gestern veröffentlichte die New York Times erstmals präzise Zahlen, wie oft zwei Guantánamo-Häftlinge, Abu Zubayda und Khalid Sheikh Mohammed, der Folter des „Waterboardings“, des simulierten Ertränkens, unterzogen wurden. Im Fall des Gefangenen Zubayda geschah dies im August 2002 83-mal, im Fall von Mohammed, der sich selbst mittlerweile als Planungschef des Attentats gegen die Twin Towers vom 11. September 2001 bezeichnet hat, wurde diese Verhörmethode im März 2003 insgesamt 183-mal angewendet.

Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Wassermenge, in die bei zugehaltenem Mund und Nase die Folteropfer eingetaucht wurden, weit größer war als bislang eingeräumt, und dass die Blockade der Atmungsorgane länger dauerte als die bislang eingestandenen jeweils 35 Sekunden.

Die Informationen waren Bestandteil eines der „Memos“, die Juristen im Auftrag des Justizministeriums zur Rechtfertigung der Folter in den Jahren 2002 bis 2005 verfasst hatten und letzte Woche auf Weisung von Präsident Obama veröffentlicht wurden. Vor dieser Bekanntmachung waren in diesen Dokumenten eine Reihe von Informationen geschwärzt, so auch die Zahlenangaben über das „Waterboarding“. Das traf auch für die ins Internet gestellte Version zu, auf die sich die taz in ihrem Bericht vom 18. April bezogen hat. Die Schwärzung erfolgte aber nicht in allen Kopien. Im Blog Empty Wheel wurde dann die Version veröffentlicht, auf der diese Passage noch lesbar war.

CIA-Direktor Michael V. Hayden, der das Amt in den beiden letzten Jahren der Bush-Regierung bekleidete, hat sich gegen die Veröffentlichung dieser Passage gewandt, da er sie nach wie vor für „klassifiziert“ hielt, also der Geheimhaltung unterliegend. Wie überhaupt die Führung der CIA sich bis zuletzt gegen die Veröffentlichung der „Memos“ gestemmt hat.

Die illegalen Verhörpraktiken der CIA waren zum Teil auf der Basis von Zeugenaussagen ehemaliger Häftlinge durch das Rote Kreuz bekannt gemacht worden, jetzt aber sind sie amtlich. Amerikanische Verfassungsjuristen sind überwiegend der Meinung, dass die inkriminierten Verhörmethoden, insbesondere das „Waterboarding“, als Folter zu charakterisieren seien. CIA-Direktor Holder schloss sich nach Obamas Wahlsieg im Januar dieser Rechtsauffasung an: „Waterboarding ist Folter“. Er erklärte, dass amerikanische Soldaten, die Waterboarding in Vietnam praktiziert hätten, gerichtlich verfolgt wurden.

Obamas Ankündigung, die CIA-Folterer außer Strafverfolgung zu stellen, ist in den USA auf ein geteiltes Echo gestoßen. Auf der einen Seite verweisen die Rechtsexpereten auf die Schwierigkeit, den „guten Glauben“ an die Richtigkeit der damaligen Rechtsgutachten aus dem Justizministerium zu wiederlegen. Ein Ermittlungsverfahren gegen die Rechtsgutachter und weiter bis hinauf zur US-Regierung wird nicht erwogen. Andererseits erklären Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch, „dass gegen die Prinzipien des Strafrechts verstoße, wenn der Generalstaatsanwalt“ (nach US-Recht der Justizminister) „sagt, es liege ein ernstes Verbrechen vor – und dann geschieht gar nichts“.

Aus dem US-amerikanischen Kongress ist mitlerweile der Vorschlag gekommen, für die Folterungen eine Wahrheitskommission einzurichten, wo die Beschuldigten gegen die Zusicherung der Straffreiheit aussagen würden. Diesem Vorschlag hat Präsident Obama umgehend widersprochen.

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