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Archiv-Artikel

Abfahrt in‘s Endgültige

Trauriger Blick in kalten Kaffee: „No Trains No Planes“ von Jos Stelling läuft im Kino 46 in einer Reihe mit neuen niederländischen Filmen. Heute geht‘s los

Das „Café Centraal“ ist zwar am Bahnhofsplatz, aber von hier reist keiner ab: Die Stammkunden scheinen seit Ewigkeiten an ihren Plätzen angeschraubt zu sein und jeden Tag das Gleiche zu tun. Es gibt hier keine Abfahrtszeiten, nicht für Züge und schon gar nicht für Flugzeuge.

„No Trains No Planes“ von Jos Stelling läuft im Kino 46 in einer heute beginnenden Reihe von neueren niederländischen Filmen.

Jos Stelling lässt seinen Beitrag fast ausschließlich in einem Raum, dem Café, spielen. Nicht nur dadurch wirkt er bedrückend. Der Regisseur baut ihn als Situationskomödie auf, nur, um ihn dann in einem langen Schlussakkord der Verzweiflung enden zu lassen.

Protagonist ist der kleine, unscheinbare Gerard, der plötzlich ankündigt, nach Italien reisen zu wollen. Er verabschiedet sich von allen und verteilt seine paar Habseligkeiten unter seinen Freunden im Café. Dort beachtet ihn niemand wirklich, weder seiner Freundin Paula noch dem Barmann fällt auf, wie todtraurig Gerard in seinen kalten Kaffee blickt. Dem Zuschauer wird dagegen schnell klar, dass da einer eine endgültige Abfahrt plant – dass diese arme Seele auch die Sonne des Mittelmeeres nicht mehr wärmen kann.

Hellhörig werden alle erst, als Gerard von seinem Bruder erzählt, den er seit 20 Jahren nicht mehr gesehen hat und nun noch einmal treffen will. Dieser ist kein anderer als der berühmte Schlagersänger Mario Russo, eine Schmalzlocke wie sie im Buche steht, genauso überzeichnet wie das gesamte Personal dieses eigenartigen Filmes. Sie alle sind Typen, ins Lächerliche überzogene wandelnde Klischees.

Besonders interessant für das hiesige Publikum ist die Karikatur eines Deutschen: ein Zuhälter markiert den großen Macker, wirft mit Geld um sich und schnappt sich die schärfste Braut, aber dann wird sein Manta aus dem Parkverbot abgeschleppt. Dominique Horwitz trägt all dies so dicke auf, dass es schon wieder, wenn auch eher unfreiwillig, komisch wirkt.

Wilfried Hippen

Dienstag (20.30 Uhr) und Samstag (18.00 Uhr) im Kino 46. Die weiteren NL-Filme: siehe kinotaz