Bahn-Chef droht mit Bahn-Streik

Mehdorn stellt Ultimatum: Wenn am 14. Dezember kein neuer Vertrag vorliegt, fahren in Berlin keine S-Bahnen mehr. Finanzverwaltung des Senats tut die Drohung als PR-Gag und „Muskelspielchen“ ab

VON STEFAN ALBERTI

Der Streit zwischen S-Bahn GmbH und Senat hat seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Hartmut Mehdorn, Chef der Muttergesellschaft Deutsche Bahn, will ab Mitte Dezember keine S-Bahnen mehr fahren lassen, wenn bis dahin kein neuer Vertrag zwischen Land und Unternehmen vorliegt. Der jüngste Vertrag lief bereits Ende 2001 aus. Seither gilt eine Zwischenvereinbarung. Aus der Finanzverwaltung von Senator Thilo Sarrazin (SPD), der für die S-Bahn weniger Geld zahlen will, hieß es, man lasse sich nicht Bange machen. „Wir halten das für eine PR-Aktion und Muskelspielchen für die laufenden Verhandlungen“, sagte Sprecher Matthias Kolbeck.

Mehdorn setzt als Stichtag den Bahn-Fahrplanwechsel: „Bis zum 14. Dezember müssen wir eine vertragliche Regelung haben. Ansonsten sind wir ohne Auftrag und können den Betrieb nicht garantieren.“ Der neue Vertrag solle mindestens 10 Jahre laufen. Mehdorn argumentiert mit 30.000 Bahn-Jobs und sieht das Land in der Pflicht, weil die S-Bahn im Glauben an weitere Zusammenarbeit 1,2 Milliarden Euro in neue Züge gesteckt habe.

Seine Kritik äußerte Mehdorn über ein Interview mit der Bahn-Gewerkschaft transnet. Die liegt oft im Clinch mit Mehdorn, teilt aber seine Forderung an den Senat, den Vertrag abzuschließen.

„Das liegt nicht an uns. Die S-Bahn hat das Ihre dazu beigetragen, dass es bis jetzt keinen Abschluss gibt“, sagt Sarrazin-Sprecher Kolbeck. Konkret wollte er mit Verweis auf laufende Verhandlungen nicht werden. Bislang zahlte das Land 230 Millionen Euro jährlich an die S-Bahn. Sarrazin will diese Summe um ein Fünftel kürzen und begann damit bereits im Sommer. Ein Streitpunkt ist das Geld, das die S-Bahn der Deutschen Bahn für die Nutzung der Schienentrassen überweist. In Senat und Parlament gelten diese Zahlungen als überhöht.

Der neue Verkehrsvertrag sollte längst ausgehandelt sein. „Mit Glück Mitte, Ende August“, hieß es im Sommer aus der Senatsverwaltung für Verkehr. Dass über drei Monate später noch keine Ergebnis vorliegt, schiebt SPD-Verkehrspolitiker Christian Gaebler der Bahn zu. Wie seine PDS-Kollegin Jutta Matuschek verweist er darauf, dass die Bahn erst Anfang November konkrete Zahlen vorgelegt habe, wie sie der Senat verlangte.

Seither gab es laut Gaebler weitere Treffen und Fortschritte. Umso mehr habe ihn die Mehdorn-Drohung überrascht: „Das ist ja eine Aufforderung, sich umgehend nach anderen Anbietern umzuschauen.“ Gaebler hält es für realistisch, dass es noch vor Weihnachten zum Vertragsabschluss kommen kann: „Wenn Herr Mehdorn da nicht weiter stört, bin ich da optimistisch.“