Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Es gibt nicht wenige Leute, die der Meinung sind, dass Berlin – mehr als andere Städte – erst im Sommer zu sich findet und sein wahres Gesicht zeigt. So gesehen sind Carsten Kaufholds Stadtansichten der beste Beleg, dass er ein echter Berliner sein muss. Denn in den Gemälden des 1967 in Tempelhof geborenen Künstlers liegt ein ewiger Sommer über der Stadt.

Ja, es ist das Sonnenlicht, das als erstes an seinen Bildern im neu eröffneten Ausstellungsraum von Stefan Westphal besticht – und dann Berlins wahres Gesicht. Was durchaus paradox ist, weil Kaufhold, schaut er vom Straußberger Platz in Richtung Alex, den Fernsehturm und das Forum Hotel einfach aus der Sichtachse der Karl-Marx-Allee verschwinden lässt.

So detailgenau seine Bilder gemalt sind, so realistisch sie auf den ersten Blick erscheinen, am Ende sind sie nicht Dokumentation, sondern Fiktion – oder besser Halluzination von Licht, Straßen, Häusern, von urbanem Müll und Schönheit. Carsten Kaufholds künstlerischer Ansatz ist mimetisch nur im aufgeklärten Verständnis von Malerei als medialem Konzept der Realität. Damit erklärt sich auch der ironische Gestus, mit dem der Künstler seine geparkten Autos am Straßenrand exakt so malt, dass man spontan ihre Marken unterscheidet und den Lancia hinter dem Opel entdeckt, bevor man sieht, dass das Autodesign nicht wirklich stimmt und Kaufhold mit den Fahrzeugen doch nur eine signifikante Form und ihre entsprechenden Farben in allen Variationen durchdekliniert.

Okay, er strukturiert seine malerischen Form- und Farbideen analog dem konkreten Design und der urbanen Architektur wie Natur. Aber im Licht, das auf die unterschiedlichen verschiedenen Autolackierungen fällt, glänzen am Ende doch nur wohlkalkuliert auf die Leinwand gesetzte Farbflächen.

bis 10. Mai, Carsten Kaufhold, Orte, Ausstellungsraum Stefan Westphal, Paul-Robeson-Straße 42, Mitte, Di–Fr 14 bis 18 Uhr