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Archiv-Artikel

KVB wäscht ihre Hände in Unschuld

Die Decke und Wände von Maria im Kapitol zeigen Risse. Die katholische Kirche vermutet die Ursache in den Erschütterungen durch den Bau der Nord-Süd-Bahn. Der Pfarrer verlangt, dass die KVB die Schäden bezahlt. Die lehnt jede Verantwortung ab

Von Christiane Martin

Seit knapp zwei Woche versperrt im Inneren der Kirche Sankt Maria im Kapitol ein riesiges Baugerüst den Blick auf den berühmten Ostchor. Es musste aufgestellt werden, nachdem plötzlich Risse an Wänden und Decken aufgetreten waren und die Sicherheit der Besucher nicht mehr gewährleistet war. „Das Gerüst soll die Deckenteile auffangen, falls sie sich lösen und herunterfallen. Außerdem können von dort aus Experten die Schäden begutachten“, erklärt Pfarrer Johannes Westhoff die aktuelle Situation in der größten romanischen Kirche Kölns.

Die besondere Brisanz an den Rissen im Kirchengemäuer ist nicht so sehr ihr Ausmaß, da sie laut Westhoff sowieso weder die Substanz gefährden noch zu einem Einsturz führen können. Vielmehr geht es darum, den Verursacher der Schäden zu finden. Sowohl das Erzbistum als auch die Gemeindevertreter vermuten, dass nun schon zum zweiten Mal der Bau der Nord-Süd-Stadtbahn zu Schäden an historischen Kirchengebäuden geführt hat. Vor einigen Wochen hatte sich nach Tunnelbohrungen für den U-Bahnbau der Turm der Sankt Johann Baptist Kirche in der Südstadt geneigt (taz berichtete). Da auch Sankt Maria im Kapitol an der Strecke der neuen KVB-Linie steht, liegt der Verdacht nahe, dass die Schäden mit der Baustelle direkt vor der Tür der Kirche zusammenhängen.

Die Kölner Verkehrsbetriebe lehnen bisher allerdings jegliche Verantwortung ab. „Aufgetretene Schäden an der nahe der Pipinstraße gelegenen katholischen Kirche Stankt Maria im Kapitol stehen nicht in Verbindung mit den Bauarbeiten an der Nord-Süd Stadtbahn Köln. Dies hat eine interne Prüfung eindeutig ergeben“, heißt es in einer Erklärung. Die Ergebnisse bewiesen angeblich, dass die Schäden zum einen bereits vor Baubeginn entstanden sind und zum anderen die Besucher der Kirche nicht gefährdet werden.

Pfarrer Westhoff sieht das anders. „Es sind, seit der U-Bahn-Bau angefangen hat, neue Schäden hinzugekommen und uns haben Experten gesagt, dass das Hauptschiff aus Sicherheitsgründen zu sperren ist“, sagt er. Auch an den Ergebnissen einer Erschütterungsmessung, die die KVB durchführen ließ, zweifelt er. Die KVB sieht aufgrund der Messwerte keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen den gemeldeten Schäden und den Bauarbeiten. Kein Wunder, sagt der Pfarrer, wurden doch die Messungen am Wochenende durchgeführt, als die Arbeit auf der Baustelle ruhte.

Westhoff setzt jetzt auf weitere Verhandlungen mit der KVB. Er erwarte, dass das Unternehmen die Kosten für das Gerüst übernimmt – immerhin 13.000 Euro –, die Personen gefährdenden Schäden beseitigt und mehr Sorgfalt bei zukünftigen Bauarbeiten walten lässt. „Es gibt die Zusage seitens der KVB zu einem weiteren Gespräch. Wann das stattfindet, steht aber noch nicht fest“, gibt sich Westhoff vorsichtig optimistisch. Jedenfalls hofft er, dass bis Weihnachten wenigstens das Gerüst weg ist.

Dann können im Hauptschiff wieder Gottesdienste gefeiert werden – wie es an dieser Stelle seit zweitausend Jahren üblich ist. Erst waren es die Römer, die hier ihrer Göttertrias Jupiter, Juno und Minerva huldigten. Im 7. Jahrhundert wurde dann auf den Ruinen der Tempelanlage eine Kirche errichtet, deren weitere recht wechselvolle Geschichte immer entscheidend von Frauen bestimmt wurde. Plektrudis gründete um 690 die Kirche und ein dazugehörendes Damenstift. Dreihundert Jahre später trat Ida auf den Plan, eine nicht minder tüchtige Frau. Sie baute als Äbtissin des Stifts die Kirche komplett um und verlieh ihr einen besonderen Glanz. Die Enkeltochter von Otto II. nahm als Bauvorlage nichts Geringeres als die Geburtskirche Jesu in Bethlehem und schuf so den kleeblattförmigen Chor. Ida ist der erhebende Raumeindruck zu verdanken, der sich beim Betreten der Kirche einstellt und den nun leider das Baugerüst trübt.