Schöne Worte aus dem Sudan

Zum Auftakt der Sudan-Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates versprechen die Regierung und die Rebellen im Süden des Landes Frieden bis Jahresende. Das soll auch einen Impuls für Darfur geben

„Krieg in Darfur kann dazu führen, dass Sudan implodiert“

von DOMINIC JOHNSON

„Wir haben keine Zeit zu verlieren“, drängte UN-Generalsekretär Kofi Annan gestern zum Auftakt der Sudan-Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates in Kenias Hauptstadt Nairobi. Und flugs stellten sich Sudans Kriegsführer vor die Ratsmitglieder und versprachen, Afrikas ältesten Bürgerkrieg jetzt ganz schnell zu beenden. Bis Jahresende werde es ein umfassendes Friedensabkommen für Südsudan geben, verkündete der Ratspräsident John Danforth, UN-Botschafter der USA und früherer Sudan-Beauftragter der US-Regierung. Die sudanesische Regierung und die Rebellenbewegung SPLA (Sudan People’s Liberation Army) hätten „angedeutet, dass sie morgen [Freitag] ein Memorandum unterzeichnen werden, in dem sie sich zur Unterzeichnung eines Friedensabkommens bis Jahresende verpflichten“.

„Ich sehe keinen Grund, der uns daran hindern würde“, hatte zuvor SPLA-Führer John Garang in einer Rede vor dem Sicherheitsrat gesagt. Sudans Vizepräsident Ali Osman Taha erklärte, das Abkommen werde „so bald wie möglich“ unterschrieben.

Diese Aussagen sorgten zum Auftakt der zweitägigen UN-Sitzung für eine optimistische Grundstimmung, obwohl sie eigentlich keine Veränderung der Ausgangslage darstellen. Schon vor einem Jahr hatte die UNO fest mit einem Sudan-Friedensvertrag bis Ende 2003 gerechnet. Das geschah nicht. Und ein zentraler Streitpunkt ist bis heute nicht geklärt: die Bezahlung der Armee der künftigen SPLA-Autonomieregierung im Südsudan. Die Regierung will, dass die SPLA die Soldaten bezahlt; die SPLA will, dass die Regierung es tut. John Danforth tat das gestern großzügig als „mathematisches Problem“ ab.

Ein noch größeres Hindernis für Frieden im Sudan ist allerdings der Krieg in Darfur. Zahlreiche Redner betonten gestern, die Lage dort verschlechtere sich. Die Gewalt von allen Seiten nehme zu, der Zugang zu Hilfsbedürftigen werde immer schwieriger. „Wenn diese Situation nicht eingedämmt wird, kann sie dazu führen, dass Sudan implodiert und in Staatszerfall und schwere Unsicherheit abgleitet“, warnte SPLA-Chef Garang.

Immer wieder wurde betont, der anhaltende Krieg in Darfur gefährde den gewünschten Frieden im Südsudan, und daher könne Frieden im Südsudan auch einen Impuls für Frieden in Darfur liefern. Zynisch ausgedrückt, kann diese Verknüpfung aber auch bedeuten, dass die UNO eine Lösung der Darfur-Krise hintanstellt und davon ausgeht, dass sich das Problem von alleine löst, sobald im Südsudan Frieden herrscht. Bisher ist im Sicherheitsrat kein Konsens zu erkennen, der über diese Passivität hinausgeht. Die Darfur-Rebellen sind gar nicht erst nach Nairobi eingeladen.

Sudan ist nicht das einzige Thema, das den Sicherheitsrat in Nairobi bewegt. Die neu bestimmte Übergangsregierung Somalias nutzte den Umstand, dass sie ebenfalls in Nairobi ihren Sitz hat, für Werbung in eigener Sache und verlangte UN-Finanzierung für eine afrikanische Friedenstruppe. In der Nacht zu Donnerstag war der neue somalische Übergangspräsident Abdullahi Yusuf in seiner neuen Villa in Nairobi von Unbekannten überfallen worden.

Ein weiteres Thema ist der Frieden in Zentralafrika. Parallel zur UN-Sitzung in Nairobi läuft in Tansanias Hauptstadt Daressalam eine internationale Friedenskonferenz für das Afrika der Großen Seen, zu der ab heute die Staatschefs der Region und auch Teilnehmer der UN-Sondersitzung erwartet werden. Hinterher werden die UN-Botschafter im Sicherheitsrat nach Burundi, Ruanda und Kongo reisen.

Die bisherigen Diskussionen auf Außenministerebene bei dieser Konferenz konzentrierten sich offenbar vor allem um die Frage der Notwendigkeit einer grenzüberschreitenden Verknüpfung der laufenden Demobilisierungsprogramme für Bürgerkriegsparteien. Schlechte Nachrichten aus der Demokratischen Republik Kongo und Burundi überschatteten die Konferenz. Im Kongo wurde eine Häufung bewaffneter Überfälle von Milizen in der Nordostregion Ituri sowie ein Raketenangriff ruandischer Hutu-Milizen aus dem Kongo heraus auf Ruanda gemeldet. In Burundi wurde ein bereits einmal verschobenes und zuletzt für den 26. November geplantes Verfassungsreferendum erneut verschoben. „Es gibt noch keine Wahlurnen, Wahlkabinen oder Wahlzettel, und das ist wichtig für das Abhalten von Wahlen“, erläuterte Wahlkommissionschef Paul Ngarambe.