: „Da bricht eine Hexenjagd aus“
Barbara John, Ausländerbeauftragte a. D., denkt nicht daran, wegen ihrer Haltung zur Kopftuchfrage aus dem CDU-Vorstand auszuscheiden. Sie plädiert für Selbstbestimmung
taz: Frau John, Tim Peters, Landeschef der JU, hat Sie aufgefordert den CDU-Landesvorstand zu verlassen, weil Sie gegen ein Kopftuchgesetz sind.
Barbara John: Ich denke gar nicht daran, mein Parteiamt aufzugeben, nur weil ich eine wohl überlegte und begründete Position vertrete.
Peters bezeichnet Sie als „nützliche Idiotin des fundamentalistischen Islam“. Fühlen Sie sich beleidigt?
Wer mich beleidigt, bestimme ich. Dazu gehören ganz sicher nicht die, die sich hier als Jungmullahs und Fundamentalisien gerieren. Für sachliche Argumente habe ich durchaus Verständnis, aber nicht für dogmatische Positionen der Art, dass jede Kopftuchträgerin im Sinne des Fundamentalismus agiert. Das ist eine böswillige Unterstellung. Da bricht eine Art Hexenjagd aus, in die alle einbezogen werden, die aus guten Gründen gegen eine „Lex Kopftuch“ sind.
Was genau ist Ihre Position?
Ich bin keine Befürworterin des Kopftuchs, aber ich will auch keinen Zwang und kein Verbot, sondern Selbstbestimmung. Ich möchte, dass ein Weg gefunden wird, wie unsere liberale Gesellschaft auch für Kopftuchträgerinnen offen gehalten werden kann.
Auch der Innensenator wirft Ihnen vor, Sie würden den Druck der Fundamentalisten auf moderne Muslime unterstützen.
Auch bei Herrn Körting liegt eine Verengung der Sichtweise vor.
Er fürchtet, dass Tuch tragende Lehrerinnen muslimische Schülerinnen indoktrinieren.
Aus Nordrhein-Westfalen, wo bereits Kopftuch tragende Lehrerinnen tätig sind, gibt es keinerlei Hinweise auf Indoktrination. Was ist eigentlich mit strenggläubigen fundamentalistischen Männern, die schließlich auch Lehrer werden können? Was ich damit sagen will: Man kann die richtige Forderung, keinen Fundamentalismus in die Schule zu lassen, nicht am Kopftuch entscheiden.
Was heißt, eine Hexenjagd bricht aus?
Aus Anrufen weiß ich, dass junge Musliminnen mit Kopftuch jetzt kaum noch Praktikumsplätze in medizinischen Berufen bekommen. Das war früher ohne weiteres möglich. Es geht schon längst nicht mehr um die Lehrerinnen in der öffentlichen Schule. Die Debatte schließt bereits Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen ein. Wir tun genau das, was wir einigen Muslimen vorwerfen: nämlich, dass sie die Bildung ihrer Mädchen behindern.
Der CDU-Landesvorsitzende Zeller teilt die Rücktrittsforderung der JU nicht, will das Thema aber auf der nächsten Vorstandssitzung ansprechen. Wird es noch zu einem richtigen Konflikt kommen?
Ich kann mir kaum vorstellen, dass es in der CDU nur noch eine einheitliche Meinung geben darf. INTERVIEW: P. PLARRE
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