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Archiv-Artikel

Airbus kann nicht auf die Piste gehen

Neuenfelde hat eine Zukunft: Verlängerung der Airbus-Landebahn ist geplatzt. Kirche verkauft ihr Grundstück nicht, Schlichtung ist gescheitert. Vertraulicher Bericht des Mediators beweist, dass Senat und Konzern keinen Kompromiss wollen

Von Sven-Michael Veit

Der Traum von der langen Piste ist geplatzt. Der Vorstand der Neuenfelder Kirchengemeinde St. Pankratius hat gestern die vertraulichen Verhandlungen über einen Verkauf seines Grundstückes für die Airbus-Werkspiste abgebrochen. Der mit einer Schlichtung des Konflikts betraute Mediator Jörg Berkemann legte daraufhin sein Mandat nieder. Bürgermeister Ole von Beust und Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (beide CDU) reagierten „enttäuscht“, Airbus „mit Bedauern“. Der Senat will nun andere „rechtliche Möglichkeiten“ für die Verlängerung der Start- und Landebahn nutzen – also versuchen, mit einem neuen Planverfahren von den Gerichten doch noch die Erlaubnis zum Enteignen zu bekommen.

Die Entscheidung des Kirchenvorstandes fiel in der Nacht zum Freitag nach einer mehrstündigen Sitzung. Grundlage war ein „Positionspapier“ Berkemanns, welches der taz hamburg vorliegt. Darin skizziert er seine Erkenntnisse aus „etwa 55 Stunden Gesprächsvolumen“ mit Kirche, Stadt und Airbus.

Phantasievolle Lösung

Der frühere Bundesverwaltungsrichter räumt in seinem 19-seitigen Papier ein, dass dieses „möglicherweise zusätzlichen Beratungsbedarf auslösen“ werde und manche noch offene Fragen „mit der erforderlichen Phantasie beantwortet werden“ müssten. Gleichwohl schlug er vor, auf dieser Basis „eine einvernehmliche Lösung“ noch am gestrigen Freitag in einem „Einigungsdokument“ oder einem „Prozessvergleich“ festzuschreiben. Anderenfalls betrachte er „das mediative Verfahren als gescheitert“. So kam es.

Berkemann hält fest, dass über die Verlängerung der Landebahn um 589 Meter nach Neuenfelde hinein „ein Konsens nicht erreichbar“ sei. Auch Airbus bestätigte gestern, dass „kein Spielraum bei der Länge der Landebahn“ vorhanden sei. Eine Lösung hätte demnach nur darin bestanden, dass die Kirche – und nachfolgend die drei weiteren störrischen Grundeigentümer, die in diesem Schlichtungsverfahren noch gar nicht beteiligt waren – ihre Grundstücke „freiwillig“ verkaufen. Dazu aber ist die Kirche nicht bereit.

Auch weist der Mediator darauf hin, dass Airbus in den Gerichtsverfahren die Behauptung nicht vorgebracht hatte, dass durch die Frachtversion des Riesenjets A 380 Arbeitsplätze geschaffen würden und das Auslieferungszentrum auch für die Passagierversion von der Pistenverlängerung abhängig sei. Dieses hat der Konzern nachgeschoben, nachdem das Oberverwaltungsgericht Hamburg am 9. August einen „begründeten Bedarf“ für die Pistenverlängerung verneint und Enteignungen in Neuenfelde untersagt hatte.

Auch hält Berkemann fest, dass Airbus „rechtsverbindliche Garantien für erst zu schaffende Arbeitsplätze nicht geben kann“. Zudem könne der Konzern die von Neuenfelder BewohnerInnen geforderte Einschränkung der Start- und Landezeiten von 6 bis 22 Uhr nicht zusagen, auch sei bei der „zentralen und gerichtshängigen Streitfrage“ der Lärmemissionen eine Lösung „nicht einmal im Ansatz möglich“.

Im Ergebnis schlug der Mediator vor, die „Bestandsgarantie“ von Stadt und Airbus zu akzeptieren, dass es keine weitere Verlängerung der Werkspiste über die jetzt geforderte hinaus geben solle. Diese würde durch ein von der Stadt bereits angebotenes „Sperrgrundstück“ vor der verlängerten Landebahn abgesichert – allerdings befristet auf höchstens 30 Jahre. Zudem regt Berkemann Korrekturen bei der Trasse der Ortsumgehung Finkenwerder und anderen kleineren Punkten an.

Verlängerter Kompromiss

Der Neuenfelder Kirchenvorstand erklärte gestern, dass seine Hoffnungen „vollkommen enttäuscht“ wurden. Airbus sei „starr und stur“ zu keinen Zugeständnissen bereit gewesen. Damit sei die Basis für weitere Gespräche entfallen. Der Konzern behauptete hingegen, „sehr wohl kompromissbereit“ zu sein – aber nicht bei der Länge der Piste und „der Beschaffung der dafür notwendigen Grundstücke“.

Der Senat beteuerte gestern, weiterhin das Gespräch mit Neuenfelde „noch am Wochenende“ zu suchen. Parallel aber will er mit einer nachgebesserten Planbegründung vor den Gerichten ans Ziel kommen. Vor Sommer 2005 wird ein solches Verfahren kaum abzuschließen sein, mit welchem Ergebnis, ist offen. Airbus jedoch drängt kurzfristig auf Planungssicherheit.

Am Montag will der Aufsichtsrat des Konzerns sich mit der Lage befassen und die Auslieferung möglicherweise statt nach Hamburg ins Konkurrenzwerk Toulouse vergeben. Wirtschaftssenator Uldall setzt derweil zur Rettung des Prestigeprojekts auf jedes Mittel: Am selben Tag eröffnet der Christdemokrat in St. Petri den Weihnachtsmarkt – und zündet vermutlich die eine oder andere Kerze an.