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Archiv-Artikel

Gänsejagd in Brandenburg

Von Klöstern, Förstereien und verwunschenen Schlössern: Rund um Berlin locken vorweihnachtliche Ausflugsziele mit kulinarischen Genüssen, Weihnachtsmärkten, Selbstgewebtem und Bratgeflügel

VON STEFFEN GRIMBERG

Falls es noch niemand bemerkt hat: in einem guten Monat ist Weihnachten. Schon seit dem Martinstag müssen Gänse wieder verstärkt ihr Leben lassen, die Wildsaison ist längst eröffnet, Kohlköpfe rollen durchs Land. Natürlich kann man derlei Genüsse auch mitten in Berlin finden. Doch kombiniert mit einem spätherbst-frühwinterlichen Ausflug ins Umland schmecken sie noch mal so gut.

Am kommenden Wochenende (27.–28. 11.) ist eigentlich ein Abstecher zum Kloster Chorin ein Muss: Der Weihnachtsmarkt in und um die Klosterruine läutet die Adventszeit ein. Im Angebot sind neben Kunstgewerbe diverse Bioprodukte (ja, auch Weihnachtsgänse …), außerdem gibt es Sonderführungen im Koster inklusive Erläuterungen der neuesten Grabungs- und Untersuchungsergebnisse. Wenn der Hunger etwas üppiger als das Weihnachtsmarktangebot ist: Eine schöne Kurzwanderung um den Klostersee führt zum Dorf Chorin und dort ins Restaurant „Immenstube“ im Hotel Haus Chorin. Hier dreht sich alles um Honig, die Karte des im Wettbewerb „Brandenburger Gastlichkeit“ ausgezeichneten Lokals bietet außerdem schöne Wildgerichte und deftige Regionalküche wie Hausmacherleber- und Blutwurst mit Tannenhonig zu Weißkrautsalat und Kartoffelpüree. Nachmittags ist ein Kaffeegedeck mit selbst gebackenem Kuchen zu haben – Bienenstich, versteht sich. (Info siehe Kasten)

Ein anderes Kloster lockt im Süden Berlins zum Besuch: Zinna, wie Chorin einst Zisterzienser-Abtei, ist im Winter besonders stimmungsvoll. Von den Klostergebäuden sind noch das Siechen- und Gästehaus aus dem 14. Jahrhundert und das Abtshaus aus dem 15. Jahrhundert (Heimatmuseum) erhalten. In der so genannten Neuen Abtei wird der Zinnaer Klosterbruder und anderes Kräuteriges destilliert, hier kommen nicht nur Jägermeister-Fans auf ihre Kosten. Das Dorf Zinna, von Friedrich dem Großen per Dekret als Webersiedlung verfügt, liegt gleich daneben.

Im alten Zollhaus ist ein kleines Weberei-Museum untergebracht, das aber überhaupt nicht tot und museal wirkt: Es ist voll in Betrieb und bietet Handgewebtes zu absolut fairen Preisen (jedeR freut sich über ein handgewebtes Geschirrtuch unterm Tannenbaum!). Gastronomisch führt in Kloster Zinna kein Weg an der Alten Försterei vorbei. Auch der alte Fritz war schon da, schließlich wurde das Haus als Sitz der Forstverwaltung wie die Webersiedlung während der Neu-Kolonisierung des Landes nach dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763) gebaut. Heute schimpft sich das Ganze etwas kitschig Romantikhotel, aber Essen wie Ambiente sind wirklich schön. Neben den noblen „Friedrichs-Stuben“ lädt die „Schankstube 12 Mönche“ zum rustikalen Mahl. Oder auch nur zum Zechen …

Klöster und Förstereien sind Ihnen zu wenig fürnehme für die Vorweihnachtszeit? Auch recht: auf ins Schloss. Bis Ende Dezember ist ein Besuch in Petzow am idyllischen Schwielowsee nahe Werder dringend empfohlen. Danach wird das leicht angeschmockt-verwunschene Gemäuer von der „Theodor Fontane Besitz- und Betriebs GmbH“ zum „Resort Schielowsee“ umgemodelt, Disney-mäßiger Protzaus- und -umbau inklusive. Bis dahin lockt das sehr schöne Restaurant mit guter Brandenbürger Küche, Werderaner Weißweinen aus einem der nördlichsten Anbaugebiete Deutschlands – und den wohl kassenschonendsten Übernachtungspreisen im an Schlössern reichen Berliner Umland: Mit 37 Euro inklusive Frühstück für eine Mischung aus rustikalem Charme und DDR-Historie atmenden Doppelzimmer ist man dabei.

Alles zu weit draußen? Sie haben nur ein Monatsticket AB? Auch gut. Geht’s eben raus nach Wannsee. Hier, im alten Dorfkern, fühlt man sich nicht mehr wirklich in Berlin. Gegenüber der Stühler-Kirche mit ihrem klotzigen Vierecksturm bietet das Restaurant Chopin in einem der alten Angerhäuser moderne polnisch-schlesische Küche. Die Inneneinrichtung ist vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, dafür schmeckt’s: Kuttelsuppe und Pelmeni mit Kümmelkraut oder für weniger Experimentierfreudige vielleicht lieber das Duett von Gans und Ente mit Pflaumenklößen und zweifarbigem Kohl? Zum Nachtisch auf jeden Fall Mohnkuchen mit heißen Rumkirschen empfohlen. Und weil man sich ja nicht schon vor Weihnachten alle Pfunde anfuttern sollte, bleibt danach nur der Marsch durch den Düppeler Forst zum Griebnitzsee. Da ist man dann auch wirklich draußen in Brandenburg.