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Archiv-Artikel

Moschee gestürmt

Die US-Offensive im Irak geht weiter, der Terror auch. Todesbilanz aus Falludscha ohne Angaben zu Zivilisten

BAGDAD/KAIRO/ANKARA ap/dpa/taz ■ Auf der Suche nach Rebellen haben irakische Truppen nach dem Freitagsgebet eine sunnitische Moschee in Bagdad gestürmt. Dabei wurden nach Berichten von Augenzeugen mindestens drei Menschen getötet und etwa 40 festgenommen. Vor der Moschee im nordwestlichen Stadtteil Assamija wurde die Militäraktion von US-Truppen abgesichert.

Die Moschee Abu Hanifa gilt schon länger als Zentrum der Agitation gegen die US-Besatzung. Die irakische Regierung hatte erst am Donnerstag erklärt, dass islamische Geistliche, die zur Gewalt anstacheln, als Unterstützer des Terrorismus betrachtet würden.

In Falludscha entdeckten US-Soldaten unterdessen ein Gebäude, das dem jordanischen Extremistenführer Abu Mussab al-Sarkawi vermutlich als Kommandozentrale diente. In dem Haus fanden Soldaten unter anderem einen Brief Sarkawis mit Anweisungen an seine Kämpfer. In der Nähe wurde eine Werkstatt gefunden. Dort stießen die Soldaten auf einen in Texas registrierten Geländewagen, der offenbar als Autobombe präpariert werden sollte. Sarkawi gelang vor Beginn der US-Offensive nach Einschätzung der irakischen Behörden die Flucht aus Falludscha.

Womöglich unter anderem nach Mossul: Dort soll sich die Terrorgruppe zur Enthauptung von zwei irakischen Offizieren bekannt haben. Auf einer Islamisten-Seite im Internet tauchte gestern eine entsprechende Erklärung auf, in der es hieß, zur Abschreckung hätten Angehörige der Kaida al-Dschihad die beiden Männer in der nordirakischen Stadt vor den Augen der Bevölkerung getötet.

In der Erklärung ist außerdem von den „Brigaden“ der Gruppe in „Mossul, Ramadi, Bakuba, Samarra und anderen Städten der Gotteskrieger“ die Rede. Die von den US-Truppen inzwischen fast vollständig eingenommene einstige Rebellenhochburg Falludscha wurde nicht erwähnt.

Bei der Offensive in Falludscha wurden nach Angaben eines hohen US-Offiziers bislang 51 US-amerikanische und acht irakische Soldaten getötet. 425 US- und 43 irakische Soldaten seien verwundet worden. Rund 1.200 Aufständische seien getötet worden. Er wisse von keinen getöteten Zivilisten, sagte der Offizier einem Bericht des US-Senders CNN zufolge.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat in einem Telefongespräch mit US-Vizepräsident Dick Cheney das Vorgehen der US-Streitkräfte im Irak kritisiert. Er habe ihm besonders die „Verstimmung“ übermittelt, die der Vorfall in einer Moschee in der Rebellenhochburg Falludscha in der Türkei und in der islamischen Welt ausgelöst habe, berichtete gestern die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Erdogan bezog sich dabei auf die tödlichen Schüsse, die ein US-Soldat in einer Moschee auf einen wehrlosen, verletzten irakischen Aufständischen abgegeben haben soll. Cheney habe in dem Telefongespräch zugesichert, dass der Fall umfassend untersucht werde.

Die Hilfsorganisation World Vision hat ihre Aktivitäten im Irak angesichts der zunehmenden Gewalt in dem Land eingestellt. Die Organisation war eigenen Angaben von gestern zufolge in den vergangenen 18 Monaten im Irak aktiv und half etwa 600.000 Menschen.