: Einfach so drauflosbauen
Einst war Berlin die Hauptstadt der Architektenwettbewerbe. Nun werden immer mehr Projekte frei vergeben, darunter der BND und der Flughafen Schönefeld. Architektenverbände schlagen Alarm
VON UWE RADA
Unverhohlener könnte eine Antwort nicht ausfallen. Warum für den Neubau des Bundesnachrichtendienstes an der Chausseestraße kein Architektenwettbewerb ausgelobt werde, wurde der BND unlängst gefragt. Die Antwort lautete: wegen der Sicherheit. BND-Sprecherin Michaele Heber wörtlich: „Wir wollen nur nationale Architekturbüros mit der Planung beauftragen. Bei uns arbeiten ja auch nur deutsche Mitarbeiter.“
Skandalös findet das der ehemalige Präsident der Bundesarchitektenkammer und SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi. „Beim Nato-Hauptquartier in Brüssel gab es auch einen Wettbewerb“, sagte er der taz. Conradi sieht demnach weniger Sicherheitsbedenken am Walten, sondern einen Trend. „Es gibt immer weniger Architektenwettbewerbe. Die Investoren suchen sich ihre Architekten stattdessen in speziellen Vergabeverfahren, an denen nun wenige Büros ihrer Wahl beteiligt werden.“
Ganz besonders drastisch, so Conradi, sei dieser Trend in Berlin, wo zurzeit vier Großvorhaben ohne Wettbewerb geplant seien. Neben dem BND sind das der Neubau des Hauptquartiers der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) am Fehrbelliner Platz, die neue Zentrale der Bahn AG sowie der Flughafen Berlin-Schönefeld.
Nicht nur bei den Schlapphüten des BND gibt man sich unschuldig, sondern auch bei der BfA. Zur Begründung heißt es, man habe man keinen Wettbewerb ausgelobt, weil es sich um kein Vorhaben von städtebaulicher Bedeutung handele.
Dem widerspricht nicht nur Conradi, sondern auch der Präsident der Architektenkammer Berlin, Jörn-Peter Schmidt-Thomsen. „Es kann nicht sein, dass Berlin keinen Einfluss mehr darauf hat, wie in der Stadt gebaut wird.“ Qualität sei auch eine Frage von Wettbewerb. Das gelte auch und gerade für eine Stadt wie Berlin, die „zum Zielgebiet für Fachtouristen“ geworden sei.
Bei so viel Einigkeit darf auch die Bausenatorin nicht fehlen. „Grundsätzlich sollte es bei jedem Großvorhaben einen Wettbewerb geben“, sagte eine Sprecherin von Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Und auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) versicherte unlängst in einem Gespräch mit dem neuen Präsidenten der Bundesarchitektenkammer, Arno Sighart Schmid, dass die öffentliche Hand als Bauherr ihren Teil zur Wahrung der Baukultur beitragen müsse.
Doch solche Beteuerungen reichen Architektenkammerchef Peter Conradi nicht mehr. Schließlich sei die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu 100 Prozent in öffentlichem Besitz. Conradi setzt deshalb ganz auf die geplante Stiftung Baukultur der rot-grünen Bundesregierung. Damit soll auch der Beitrag von Wettbewerbsverfahren zur Qualität des Bauens gewürdigt werden. Darüber hinaus sollen die „Grundsätze und Richtlinien für Wettbewerbe“ aus dem Jahr 1995 novelliert werden. Weil es dort zahlreiche Schlupflöcher gebe, würde es den Bauherren erleichtert, Architektenwettbewerbe zu umgehen.