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Archiv-Artikel

„Merz und Herzog passen nicht zusammen“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Uwe Schummer hält auch nach dem Leipziger Parteitag nichts von Kopfpauschalen

taz: Herr Schummer, außer Norbert Blüm sind Sie der einzige Bundespolitiker, der hier auf dem CDU-Parteitag Bedenken an den Kopfpauschalen angemeldet hat. Warum?

Uwe Schummer: Weil sie der falsche Weg sind. Man braucht wirklich gute Gründe, um 120 Jahre Sozialgeschichte über den Haufen zu werfen. Dies würden die Kopfpauschalen tun. Aus meiner Sicht sprechen mehr Gründe dafür, den Sozialausgleich weiterhin im Gesundheitssystem zu organisieren, nicht über Steuern.

Sie halten die Botschaft des Parteitags für katastrophal?

Keineswegs. Das Steuerkonzept von Friedrich Merz, das wir beschlossen haben, halte ich für einen großen Wurf. Von der Vereinfachung des Steuersystems profitieren alle. Das schafft Arbeitsplätze. Aber Merz und Herzog sind nicht kompatibel. Es macht überhaupt keinen Sinn, mit den Kopfpauschalen einen neuen riesigen Subventionstatbestand zu schaffen. Es geht hier ja um astronomische Summen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dieser Tansfer dann konkurrieren muss mit anderen öffentlichen Investitionen wie Straßenbau oder Bildung. Das macht mir Sorgen.

Sie glauben den Zusagen Ihrer Parteichefin nicht?

Niemand kann sich über 30 Jahre im Voraus festlegen. Es gibt keine Garantien, wie künftige Regierungen über die Verteilung von Steuergeldern entscheiden.

Was ist Ihr Gegenvorschlag?

Ich bin dafür, grundsätzlich beim bisherigen System zu bleiben. Um die Lohnnebenkosten zu senken, kann der Arbeitgeberanteil an der Krankenversicherung bei 6,5 Prozent gedeckelt und an die Arbeitnehmer ausbezahlt werden. Aber die Beiträge sollten weiter prozentual nach dem Einkommen berechnet werden. Wenn Angela Merkel Gutverdiener wirklich stärker am Sozialausgleich beteiligen möchte, freut mich das. Aber dann kann man ja die Beitragsbemessungsgrenze anheben und andere Einkommensarten heranziehen als nur die Arbeitslöhne.

Das ist das Konzept des CSU-Experten Horst Seehofer. Hoffen Sie, dass die Einigung mit der CSU der Kopfpauschale den Garaus macht?

Ja, ich bin mir da mit Herrn Seehofer ganz einig. Und ich denke, dass sich bis zu einem gemeinsamen Gesundheitskonzept der Union noch eine Menge ändert. Die Diskussion wird weitergehen. Dieser Parteitag war der erste Filter, die Einigung mit der CSU wird der zweite Filter sein. Und am Ende könnte herauskommen, dass die Union 2006 nicht mit Kopfpauschalen in den Wahlkampf zieht.

Frau Merkel verbindet ihren Namen mit den Kopfpauschalen. Führt der Streit um das gemeinsame Unionskonzept zu einem Machtkampf zwischen ihr und Stoiber?

Das kann schon sein, aber ich setze auf die Kraft der Fakten. Achtzig Prozent der Bevölkerung sind gegen die Kopfpauschalen. Wir wollen doch der SPD kein Thema verschaffen, mit dem sie mobilisieren kann. Ich bin sehr dafür, dass Angela Merkel die erste Kanzlerin Deutschlands wird. Sie ist ein Geschenk des Himmels für die gesamte Union. Aber ich glaube, sie wird ohne Kopfpauschalen schneller Kanzlerin als mit. INTERVIEW: LUKAS WALLRAFFULRIKE WINKELMANN