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Archiv-Artikel

UNO bleibt draußen

USA lehnen Vorschlag für Irak-Konferenz nach dem Vorbild des Afghanistan-Treffens 2001 in Bonn ab

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Die US-Regierung hat erneut ein Angebot zahlreicher UNO-Mitglieder verworfen, die Verantwortung für die weitere Entwicklung im Irak auf eine breitere internationale Grundlage zu stellen. Auf der konstituierenden Sitzung der „UNO-Beratergruppe für den Irakkonflikt“ in der Nacht zum Dienstag in New York wies US-Botschafter John Negroponte den Vorschlag für eine internationale Irakkonferenz nach dem Vorbild der Bonner Afghanistankonferenz im Herbst 2001 als „überflüssig“ zurück.

Der Ende November von UNO-Generalsekretär Kofi Annan einberufenen „Beratergruppe“ gehören 17 Staaten an: die 5 ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien, 6 der 10 nichtständigen Mitglieder (Deutschland, Spanien, Angola, Pakistan, Chile und Syrien), die 5 Nachbarstaaten Iraks Türkei, Irak, Kuweit, Saudi-Arabien und Jordanien sowie Ägypten als weiterer gewichtiger Staat der Nahostregion. Dem ursprünglich von Deutschland, Frankreich und Russland eingebrachten Vorschlag für eine internationale Irakkonferenz hatten sich Generalsekretär Annan und bis auf Großbritannien und Spanien auch alle anderen Mitglieder der Beratergruppe angeschlossen. Ziele einer solchen Konferenz wären die Übertragung zumeist eines Großteils der bisherigen Alleinverantwortung der Besatzungsmächte USA und Großbritannien für relevante politische und wirtschaftliche Fragen im Nachkriegs-Irak an die UNO, zudem die Festlegung eines in seinen Schritten schlüssigen und für die irakische Bevölkerung glaubwürdigen Zeitplans bis zu allgemeinen Wahlen. Eine Vereinbarung über die konkrete Unterstützung der internationalen Staatengemeinschaft für die Übergangsphase und den Wideraufbau Iraks durch Geld, humanitäre und technische Hilfe sowie die Abstellung von Soldaten und Polizisten für eine Stabilisierungsmission der UNO stände am Ende der Konferenz.

Doch für die Bush-Administration bedeutet dieser Vorschlag eine unerwünschte „politische Internationalisierung des Irakkonflikts“, erklärte Botschafter Negroponte. UNO-Generalsekretär Annan sieht angesichts dieser Haltung Washingtons keine Möglichkeit, die nach zwei Anschlägen auf die Bagdader UNO-Zentrale im August und September abgezogenen UN-MitarbeiterInnen wieder in den Irak zu entsenden.

Nur wenige Stunden vor der Sitzung des Beratungsgremiums waren neue Informationen bekannt geworden, die deutlich machen, dass eine Internationalisierung der Verantwortung im Nachkriegs-Irak auch im dringenden Interesse der anglo-amerikanischen Besatzungsmächte liegen müsste. Nach einer in London veröffentlichten Umfrage des britischen Instituts Oxford Research International (ORI) haben fast 80 Prozent aller IrakerInnen überhaupt kein oder nur sehr wenig Vertrauen in die Besatzungstruppen aus Großbritannien und den USA. Obwohl zugleich 42 Prozent aller Befragten den durch diese Truppen herbeigeführten Sturz des Diktators Saddam Hussein für „das Beste“ halten, „was in den letzen zwölf Monaten passiert ist“.

Drei Viertel der zwischen Mitte Oktober und Mitte November interviewten 3.244 Personen haben zudem kein Vertrauen in die Besatzungsverwaltung des US-Statthalters Paul Bremer. Das vergleichsweise größte Vertrauen (70 Prozent) genießen die religiösen Führer des Landes. Unter den ausländischen Institutionen erzielte die UNO mit 35 Prozent den höchsten Vertrauenswert. Zwei Mitte November veröffentlichte Umfragen des US-Meinungsforschungsinstituts Gallup sowie der CIA waren zu sehr ähnlichen Ergebnissen gelangt.