HAMBURGER SZENE : Kaufmannsseelen
Im Nordosten Altonas, da, wo die Altbauten in ein Brauereigelände übergehen, gibt es zwei Eckläden direkt nebeneinander. Der eine ist ein klassischer Tante-Emma-Laden, den ein dunkelhäutiger, immer freundlicher Mann betreibt und in dem es unter anderem Brot von einer Bio-Bäckerei gibt. Der andere Laden ist ein Back-Shop, er wird von einem Ehepaar betrieben und neben dem Back-Sortiment gibt es in großer Auswahl Süßigkeiten, Zeitschriften und Zigaretten.
Ich brauchte Brot und es war gegen 19 Uhr, als ich den Tante-Emma-Laden betrat. Das Brotregal war leer, gar nichts gab es mehr und weil mich der Inhaber so erwartungsfroh anschaute und mir nichts besseres einfiel sagte ich: „Gibt’s noch Brot?“ – „Nein“, sagte er. „Die ganze Woche nicht mehr. In der Bäckerei hat es gebrannt. Die können die ganze Woche nichts liefern.“
Ich fragte nicht weiter nach, ich hatte Hunger und brauchte immer noch Brot. Also ging ich in den Back-Shop nebenan. Auch dort war das Brotregal leer und wieder fragte ich: „Haben Sie noch Brot?“ – „Nein, Brot ist aus“, sagte die Frau. „Aber im Laden nebenan gibt es vielleicht noch Brot.“ – „Nein“, sagte ich. „In der Bäckerei hat es gebrannt. Da gibt es die ganze Woche keines.“
Die Frau schaute mich kurz an, dann an mir vorbei zu dem Mann am Getränkeregal. „Scha-atz!“, rief sie. „Wir müssen mehr Brot bestellen!“ KLAUS IRLER