: Schnurstrucks strafen
Verteidigungsminister kündigt Konsequenzen für misshandelnde Bundeswehr-Ausbilder in Coesfeld an
BERLIN rtr/afp ■ Noch mehr Bundeswehr-Ausbilder sollen Soldaten misshandelt haben. Die Staatsanwaltschaft Münster ermittelt gegen drei weitere Unteroffiziere aus der Kaserne im westfälischen Coesfeld. Damit sind 21 Soldaten verdächtig, Untergebene gequält zu haben.
Verteidigungsminister Peter Struck hat die Misshandlungen verurteilt. „Es ist völlig eindeutig, dass die verantwortlichen Ausbilder ihre Dienstpflichten schwer verletzt haben“, sagte Struck gestern in Berlin. Das könne nicht toleriert werden und werde Konsequenzen haben. Es handele sich aber um Einzelfälle. Struck wird dem Verteidigungsausschuss des Bundestags laut dessen Vorsitzenden, Reinhold Robbe, in einer Sondersitzung am Mittwoch erneut über die Vorfälle berichten. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, gegen die Soldaten bestehe der Verdacht auf „Misshandlung“ und „entwürdigende Behandlung von Untergebenen“. Ihnen drohen bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe. Die Zahl der Beschuldigten kann laut Justiz weiter steigen.
Den Ausbildern in Coesfeld wird vorgeworfen, sie hätten mit Rekruten mehrfach eine Geiselnahme nachgestellt. Dabei sollen Soldaten zum Schein entführt, gefesselt und mit Stromstößen gequält worden sein. Die Beschuldigten wurden vom Dienst suspendiert. Parallel zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft – ausgelöst durch Informationen der Bundeswehr – laufen Disziplinarverfahren.
„Alle, die dafür verantwortlich sind, werden zur Rechenschaft gezogen“, so Struck. Für ihn gelte trotz der Vorwürfe aber weiterhin die Aussage, dass deutsche Soldaten nicht folterten. „Es handelt sich nicht um Folter in dem Sinne, dass man von Gefangenen Informationen erpressen will. Hier geht es um unverantwortliche Ausbildungsmethoden.“
Mehrere Bundestagsabgeordnete und der Wehrbeauftragte des Bundestags, Wilfried Penner, forderten die Aufklärung der Vorwürfe. Robbe sagte: „Man muss prüfen, ob diese Praktiken auf Coesfeld beschränkt waren oder im System der Ausbildung liegen.“ Er verwies auf die Folterdebatte, die durch umstrittene Aussagen des Historikers Michael Wolffsohn von der Bundeswehr-Universität München ausgelöst worden war. „Trotzdem scheint das noch nicht überall in der Bundeswehr angekommen zu sein.“ Die Vorbereitung auf Geiselnahmen gehört zur Ausbildung vor Auslandseinsätzen. Die Ausbilder sollen aber Grundwehrdienstleistende entführt haben, die nicht an Auslandseinsätzen teilnehmen.