Rückzug aus der Pflege

Nach dem Landesbetrieb Krankenhäuser soll mit „pflegen & wohnen“ nun Hamburgs größter Pflegeheimbetreiber privatisiert werden

„Die Beschäftigten müssen beim Verkauf mitreden und mitgestalten können“

Von Marco Carini

Der Ausverkauf geht weiter: Nach dem Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) will der Senat nun den größten stadteigenen Betreiber von Alten- und Pflegeheimen, das Unternehmen „pflegen & wohnen“, an einen privaten Investor verkaufen. Einen entsprechenden Beschluss will der Aufsichtsrat von „pflegen & wohnen“ am 9. Dezember fällen. Bereits 2005 soll der Betreiber von 14 Pflegeheimen, in denen rund 3.150 Menschen leben und 1.500 Vollzeitkräfte arbeiten, privatisiert werden.

Genau wie beim LBK sind es vor allem die nicht gedeckten Pensionslasten für ehemalige Beschäftigte, die das Betriebsergebnis des Pflegeverbundes in die roten Zahlen manövrieren und jährliche staatliche Zuschüsse zwischen zehn und 25 Millionen erforderlich machen. Wie auch beim LBK will die Stadt die Pensionsansprüche in Höhe von 180 Millionen Euro übernehmen. Sie sollen durch den Verkauf von rund 42 Hektar „nicht betriebsnotwendiger Grundstücke“ des Unternehmens, die knapp 90 Millionen Euro wert sein sollen, zumindest zum Teil abgedeckt werden.

Die nächste Parallele zum LBK-Verkauf: Auch „pflegen & wohnen“ soll als Gesamtpaket abgestoßen werden. Dabei ist allerdings die Schließung von zwei Pflegeeinrichtungen in Lokstedt und Groß Borstel geplant. Insgesamt soll die Zahl der Pflegeplätze um 500 sinken und jene der Arbeitsplätze um 200 abgebaut werden. Nicht betroffen von der Privatisierung sind Wohnunterkünfte für Asylbewerber und Obdachlose, die „pflegen & wohnen“ betreibt, wie auch die 520 Plätze der Eingliederungshilfen für Behinderte.

Während die CDU die Privatisierungspläne ihrer Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram „unterstützt“ und aufgrund der finanziellen Schieflage für eine „gute Lösung“ hält, übt die SPDKritik am Vorgehen des Senats. Die Art und Weise wie die Privatisierungsabsicht ohne konkrete Zukunftsplanung ausposaunt wurde, „muss die Bewohnerinnen und Bewohner der Heime verunsichern“, klagt SPD-Sprecher Christoph Holstein.

Da weder eine demographisch abgesichterte, verlässliche Bedarfsplanung für die kommenden Jahre vorliege, noch mögliche Neubetreiber und Übernahmekonditionen bekannt seien, fordert Holstein: „Alle Fakten müssen jetzt auf den Tisch.“

Der GAL-Abgeordnete Jens Kerstan hingegen hält die geplante Privatisierung nicht für grundsätzlich problematisch: „pflegen & wohnen“ habe, anders als der LBK, „einen Marktanteil von knapp unter 20 Prozent“. Zudem seien die staatlichen Durchgriffsrechte, etwa durch die Heimaufsicht, größer als im Bereich der Krankenhäuser.

„Die Beschäftigten müssen beim Verkauf mitreden und mitgestalten“, fordert die zuständige Fachbereichsleiterin der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Arbeitnehmerrechte bei der Privatisierung ein. Tarifverträge müssten auch von dem neuen Betreiber eingehalten, betriebsbedingte Kündigungen jedoch langfristig ausgeschlossen werden.

Der Landesseniorenbeirat mahnt unterdessen einen sensiblen Umgang mit den HeimbewohnerInnen an, die „bedauerlicherweise diese Entscheidung aus der Presse erfahren“ mussten. Nur eine detaillierte Information über die Verkaufspläne und auch darüber, was mit den BewohnerInnen der beiden der Schließung geweihten Pflegezentren passieren soll, könne helfen, „noch mehr Verunsicherung zu vermeiden“.