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Archiv-Artikel

lücken & tücken (6) Wie gewonnen so zerronnen

Womit wir rechnen müssen. Worauf wir bestehen können. Immer mittwochs erklärt uns die Solidarische Hilfe e.V. die Tücken und Lücken von Hartz IV

Nach heftigen Debatten um die Auszahlung des Arbeitslosengeldes II zum ersten Januar 2005 hat Minister Wolfgang „Tricksi“ Clement fast alle getäuscht. Die Schwierigkeit bestand darin, zwei vom Zahltag her unterschiedliche Systeme zu vereinheitlichen. Arbeitslosenhilfe wird, wie Lohn, am Monatsende gezahlt. Sozialhilfe – und auch das neue Arbeitslosengeld II jedoch am Anfang.

Bei der Umstellung zum 1. Januar 2005 nur ein Problem für die Arbeitslosenhilfe. Betroffene erhalten Ende Dezember zum letzten Mal ihr Geld vom Arbeitsamt und schon am 1. Januar das Arbeitslosengeld II. Zweifellos ein Erfolg der Montagsdemos. Bei den bisherigen BezieherInnen von Sozialhilfe bleibt alles beim Alten: letzte Sozialhilfe am 1. Dezember – ALG II am 1.Januar.

Aber es gibt nicht nur einen Einstieg in den Bezug von ALG II – sondern auch einen Ausstieg. Der war bisher in der Arbeitslosenhilfe unproblematisch: Letzte Arbeitslosenhilfe am 31. des Monats – erstes Gehalt einen Monat später.

In der Sozialhilfe galt bisher folgende Regelung: Begann ein Arbeitsverhältnis am 1. eines Monats, so wurde auch hier noch Sozialhilfe gezahlt, da das Gehalt erst für den zweiten Beschäftigungsmonat wirksam angerechnet wurde. Das heißt, zu Beginn der Beschäftigung wurde noch Sozialhilfe gezahlt.

Mit dem kommunalen Optionsgesetz wurde dem SGB II ein Zusatz verpasst – Paragraf 23, Absatz 4 –, der künftig das Ende der Zahlungen des ALG II auf den ersten des Monats vor Beschäftigungsbeginn festlegt. Ein Beispiel: letzte Zahlung am 1. März – Arbeitsaufnahme am 1. April und damit verbunden das erste Gehalt am Ende des Monats: Die Leistungsempfänger müssen also zwei volle Monate mit dem ALG II auskommen. Aber Berlin war gnädig: Für diese Überbrückung „können als Darlehen“ Leistungen erbracht werden, „soweit für den Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen“.

Folgt man der Logik der Mengenlehre, bleibt von dem gnädigen Zugeständnis zum Januar 2005 für alle bisherigen BezieherInnen von Arbeitslosenhilfe nichts, da die „großzügige Doppelzahlung“ am Ende des Leistungsbezugs durch Job wieder verloren geht. Bisherige BezieherInnen von Sozialhilfe sind die Verlierer. Sie können allenfalls ein Darlehen annehmen, das sie ratenweise erstatten, um nicht zwei Monate mit der letzten Stütze überbrücken zu müssen.