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Archiv-Artikel

Leerstand nutzen!

Der Senat will nicht mehr auf leeren Gebäuden sitzen bleiben. Eine Richtlinie soll Zwischennutzung regeln. Die Träger sollen wenigstens Betriebskosten übernehmen. Das entlastet den Landesetat

von Richard Rother

Neue Chancen für Künstler und Vereine: Leer stehende landeseigene Gebäude sollen künftig leichter Zwischennutzern zur Verfügung gestellt werden. Einen entsprechenden Bericht hat Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) gestern dem Senat vorgelegt. Zur Zeit erarbeitet der Senat noch einheitliche Richtlinien, wie die Immobilien vergeben und die Mieten unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Nutzer berechnet werden können.

Der Liegenschaftsfonds Berlin, die Berliner Immobilienmanagement GmbH sowie die Bezirke realisieren bereits heute vielfältige, auch kurzfristige Zwischennutzungen. Ein Motiv dafür ist auch die Entlastungs des Haushalts von Unterhaltskosten für leer stehende Gebäude. Der Liegenschaftsfonds hat allein in diesem Jahr 174 Mietverträge über rund 80.000 Quadratmeter Fläche abgeschlossen. Für die Zwischennutzung in Frage können gemeinnützige Initiativen, Künstlergruppen, aber auch kleine Unternehmen kommen.

Die Finanzverwaltung verbindet ihre grundsätzliche Zustimmung für eine Zwischennutzung mit der Erwartung, dass mehrere Kriterien erfüllt werden. So soll die Zwischennutzung keine zusätzliche Belastung des Landes verursachen.

Auch sollen die Nutzer mindestens die Betriebs- und Unterhaltskosten tragen können und im Fall des Falles einem Verkauf nicht im Wege stehen. Im Klartext: wird tatsächlich ein Käufer gefunden, müssen die Zwischennutzer je nach Vertrag so schnell wie möglich raus.

Die Probleme in der Praxis dürften für Vereine und Initiativen trotz der neuen Richtlinien bestehen bleiben. So seien manche Gebäude in einem schlechten Zustand, sagte gestern Sarrazin-Sprecher Matthias Kolbeck. Die Frage sei, wer mit welchem Geld die Nutzbarkeit herstelle. Auch in Zukunft werde es keinen Rechtsanspruch für lokale Initiativen geben, ein bestimmtes Gebäude zu nutzen, selbst wenn sie die Betriebskosten aufbrächten. Dies müsse im Einzelfall entschieden werden.

Deutlich scheint aber zu sein: linke oder autonome Gruppen werden auch in Zukunft Schwierigkeiten haben, legal in ein leer stehendes Gebäude zu kommen. Abgesehen vom politische Willen dürfte dagen schon die Befürchtung stehen, sie im Fall des Falles nicht so leicht rausschmeißen zu können.

Der Atelierbeauftragte des Senats, Florian Schöttle, begrüßte gestern die neuen Richtlinien. Für die Beteiligten könne so eine Win-Win-Situation entstehen. Für Künstler sei die Zwischennutzung vor allem dann interessant, wenn sie temporäre Projekte verwirklichen wollen.

Allerdings dürfe die Zwischennutzung von leer stehenden Gebäuden nicht dazu benutzt werden, das Atelierförderprogramm auzuhebeln. Es könne nicht darum gehen, dass Kulturförderung künftig nur noch in landeseigenen Kombinaten stattfinde.