: Das Gesicht von Aids wird immer weiblicher
Unaids-Bericht: Inzwischen ist fast die Hälfte aller HIV-Infizierten weiblich. Ohne Stärkung der Frauenrechte ist der Kampf gegen Aids nicht zu gewinnen. HIV-Neuinfektionen steigen am stärksten in Ostasien und Osteuropa an
BRÜSSEL epd/ap ■ Die Zahl der HIV-infizierten Menschen ist nach UN-Angaben auf weltweit 39,4 Millionen gestiegen. 2002 lag diese Zahl noch bei 36,6 Millionen. Fast die Hälfte der Infizierten sind inzwischen Frauen, wie aus dem gestern in Brüssel veröffentlichen Jahresbericht des UN-Aidsprogramms (Unaids) hervorgeht. Rund 4,9 Millionen Menschen infizierten sich 2004 mit dem HI-Virus. Etwa 3,1 Millionen starben an Aids, darunter mehr als 500.000 Jungen und Mädchen unter 15 Jahren.
Das Gesicht eines Aidskranken sei das einer jungen Afrikanerin, sagte Unaids-Leiter Peter Piot angesichts der hohen Ansteckungsgefahr für junge Frauen im südlichen Afrika. Die Zunahme der HIV-Infektionen bei Frauen mache schwerwiegende Lücken in der Aidsbekämpfung deutlich. Sexuelle Abstinenz, die Verringerung der Zahl der Sexualpartner und Kondomgebrauch reichten nicht aus. Solange die Unterdrückung von Frauen nicht überwunden werde, sei der Kampf gegen die tödliche Immunschwächekrankheit nicht zu gewinnen. Oft hätten Frauen einfach keine Chance, Sex abzulehnen oder auf Kondomen zu bestehen. Beratungsangebote für Frauen müssten ausgebaut und sexuelle Gewalt dürfe weder außer- noch innerhalb der Ehe geduldet werden.
Am stärksten von Aids betroffen ist weiter Afrika südlich der Sahara. Dort lebten mehr als 25,4 Millionen Menschen mit dem Virus. Auf das südliche Afrika entfalle ein Drittel aller Aidstoten, und es gebe dort nur wenige Anhaltspunkte für eine Eindämmung der Epidemie. Die stärksten Steigerungsraten registriert Unaids in China, Indonesien, Vietnam sowie der Ukraine und Russland. In den ostasiatischen Ländern sei die Zahl der HIV-Infizierten in den vergangenen beiden Jahren um 50 Prozent auf 1,1 Millionen geklettert. In den früher kommunistischen Staaten lebten 1,4 Millionen Menschen mit Aids, ein Zuwachs von 40 Prozent gegenüber 2002. An den östlichen EU-Grenzen gebe es eine schleichende Aids-Epidemie, so Piot.
Für West- und Mitteleuropa nennt der UN-Bericht für 2004 rund 21.000 Neuinfektionen bei insgesamt 610.000 HIV-Infizierten. Die Zahl der Aidstoten belief sich auf 6.500. Der neue EU-Entwicklungskommissar Louis Michel wies darauf hin, dass die EU der größte Geber bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten wie Aids, Malaria und Tuberkulose sei.
Weltweit gebe es mehr Geld für die Aidsbekämpfung als je zuvor, so Piot. Doch nun sei es wichtig, dass die Finanzmittel dort eingesetzt werden, wo sie am dringendsten benötigt würden. Die Zusagen für den Globalen Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria hätten sich auf 6,1 Milliarden US-Dollar nahezu verdreifacht. Auch der Zugang zu Vorbeugungsmaßnahmen und Behandlung habe sich verbessert. Dennoch erhält nach seinen Worten in armen Ländern nur jeder zehnte HIV-Infizierten die notwendige Behandlung. Wenn dieser Trend nicht gestoppt werde, könnten bis zu sechs Millionen Aidstote im südlichen Afrika in den nächsten beiden Jahren die Folge sein, warnt die UN-Organisation.