: „Blümchen im Salat“
TAZ-KANTINE Knoblauch, Kerbel, auch mal Bärlauch – der taz-Koch über die Didaktik auf dem Teller
■ ist Koch im taz-Café in der Berliner Rudi-Dutschke Straße. Dort kocht der 49-Jährige jeden Tag für die tazler – und für alle anderen Freunde der internationalen Küche, die mittags zwischen 12 und 15 Uhr vorbeischauen. Foto: Isabel Lott
INTERVIEW MARTIN REICHERT
taz: Herr Esser, der Frühling naht, das Unkraut sprießt …
Christoph Esser: Und wie, ja. Petersilie zum Beispiel. Aber bald auch der Kerbel. Eigentlich alles, was in eine „Frankfurter Grüne Soße“ gehört!
Lecker, ja! Da kommt auch Bärlauch hinein, nicht?
Das ist nicht zwingend, Pflicht ist nur, dass es sich um sieben verschiedene frische Kräuter handeln muss.
Verwenden Sie gerne Bärlauch?
Nun, das ist ja eine klassische Saisongeschichte, und jetzt ist die Zeit dafür. Neulich gab es zum Beispiel eine Lauchsuppe mit Bärlauch – die kam auch gut an. Man muss vorsichtig sein mit der Dosierung, der Bärlauchgeschmack ist sehr stark. Am Freitag zum Beispiel gibt es im taz-Café Bärlauch-Risotto mit Zander – wir haben gerade einen Gastkoch, und der hat das Kraut eigenhändig gesammelt, im Umland von Berlin.
Riskant, riskant! Gerade letzte Woche ist wieder jemand gestorben, weil er Bärlauch mit der Herbstzeitlosen verwechselt hat!
Tragisch, aber eigentlich kann man das ganz gut unterscheiden. Auf Nummer sicher geht, wer an den Blättern riecht – wie Knoblauch eben, wilder Knoblauch.
Riecht man nach Genuss von Bärlauch streng?
Vielleicht, wenn man ganz viel gegessen hat. Aber mir ist noch nie aufgefallen, dass jemand nach Bärlauchgenuss diesen typischen Knofel-Dunst von sich gegeben hätte. Wobei ich sagen muss, dass ich gerne und viel mit Knoblauch koche.
Bärlauch ist ja mehr so Teutonenknoblauch.
Nun ja, der Knoblauch kam erst durch die Gastarbeiter nach Deutschland, Italiener, Griechen, Türken – und nun ist er längst etabliert. Die Italiener machen ja auch sonst gut vor, wie man das macht. Strauchtomaten, Rucola.
Auch ein Trendunkraut, das sich längst etabliert hat, gibt es in jedem Discounter für 90 Cent.
Ja, das ist nun Standard. Mit anderen Zutaten funktioniert das aber eben nicht. Einige Spitzenköche haben zum Beispiel versucht, Graupen wieder salonfähig zu machen, aber das wird nicht angenommen. Ich biete auch manchmal Graupensalat an, schmeckt ja auch gut, aber kaut sich nicht so angenehm, das glitscht so ein bisschen im Abgang.
Wie wäre es denn mit einem Steckrüben-Hype?
Warum denn auch nicht, die schmecken gut. Aber das gilt hier als Arme-Leute-Essen, da müsste man sich schon was einfallen lassen.
Die einfachsten Dinge sind doch die besten, heißt es immer. Was ist zum Beispiel mit Löwenzahn?
Sauerampfer, das wäre auch eine Variante. Und Löwenzahn, der schmeckt in der Regel ein bisschen bitter, und das mag ja nicht jeder.
Rucola doch auch!
Ja, stimmt schon.
Was ist mit Blumen?
Als ich das neulich gemacht habe – Blüten kann man zum Beispiel bei „Essbare Landschaften“ einkaufen –, hielten das alle für Deko, die blieben alle auf den Tellern liegen. Dabei weiß man doch eigentlich noch von früher, aus der Kindheit, dass Gänseblümchen lecker sind, die schmecken so schön süß.