: Keine Verlängerung für Piste
Neuenfelder Gemeinde will nicht mehr über den Ausbau der Airbus-Landebahn reden – höchstens vor Gericht. Bischöfin Maria Jepsen zeigt sich „außerordentlich verärgert“. Handelskammer fordert notfalls Auflösung des Kirchenvorstands
Von Gernot Knödler
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Airbus-Werkspiste in Neuenfelde bald verlängert werden kann, hat gestern weiter abgenommen. Der Vorstand der St. Pankratius-Kirchengemeinde beschloss einstimmig, „keine außergerichtlichen Gespräche über den Verkauf des Grundstückes der Kirchengemeinde“ mehr zu führen. Bischöfin Maria Jepsen und der Harburger Propst Jürgen Bollmann zeigten sich darüber „außerordentlich verärgert“. Jepsen kündigte an, die Rechtswirksamkeit des Beschlusses prüfen zu lassen. Die Handelskammer verwies auf die Kirchenverfassung, die es erlaube, „den Kirchenvorstand aufzulösen und einen Beauftragten einzusetzen“.
Der Kirchenvorstand begründet seine Haltung damit, dass die Gespräche der vergangenen Wochen mit der Stadt und Airbus zu keiner Änderung der geplanten Start- und Landebahn geführt hätten. Das Vorhaben sei nach Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts nicht gemeinnützig, sondern rechtswidrig. „Die Kirchengemeinde hält sich daran, zumal sie dem Gemeinwohl verpflichtet ist.“
Diverse Akteure, die sich gestern zu Wort meldeten, verstehen unter der Verpflichtung auf das Gemeinwohl etwas anderes: Die Kirchengemeinde verhindere bewusst den Ausbau der Flugzeugindustrie in Norddeutschland, schimpfte Werner Marnette, Vorsitzender der Affi und des Industrieverbandes Hamburg (IVH). „Wie dieses Verhalten der Kirchengemeinde in einem Land mit bald fünf Millionen Arbeitslosen mit dem Gebot christlicher Nächstenliebe in Einklang zu bringen ist, bleibt rätselhaft“, sagte Marnette. Ins gleiche Horn stießen, wenn auch moderater im Ton, der Arbeitgeberverband Nordmetall, die IG Metall sowie SPD und CDU.
„Man muss leider den Eindruck haben, dass der Kirchenvorstand instrumentalisiert wird, um ein Industrievorhaben zu verhindern“, kommentierte Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU). Er bezweifelte, dass die Gemeindemitglieder dem Kirchenvorstand mit dessen Wahl ein so weit reichendes Mandat übertragen wollten. Der Kirchenvorstand solle die Entscheidung über den Verkauf des Grundstücks, das die Verlängerung der Werkspiste blockiert, an die Kirchenleitung abgeben.
Handelskammer-Präses Karl-Joachim Dreyer forderte selbige auf, in dieser Richtung „ein Machtwort zu sprechen“. Der Kirchenvorstand lasse „sämtliche Maßstäbe der Verhältnismäßigkeit vermissen“. Es gehe daher längst nicht mehr um den Kirchenvorstand von Neuenfelde, sondern um die Glaubwürdigkeit der Kirche allgemein. „Viele Bürger sehen mit Verwunderung, dass sich die Kirche augenscheinlich gegen das Gemeinwohl und gegen neue Arbeitsplätze wendet, von deren Steuern sie lebt“, behauptete Dreyer.
Das Schutzbündnis für Hamburgs Elbregion und der BUND stärkten dem Kirchenvorstand dagegen den Rücken. „Wir freuen uns für die Menschen in Neuenfelde und für die Klägergemeinschaft, dass der Kirchenvorstand uns mit seinem Entschluss die Sicherheit gibt, dass das Dorf nicht durch die Landebahnverlängerung zerstört wird“, sagte Peggy Moritz vom Bündnis. Alle Beteiligten sollten das Hauptsacheverfahren vor den Gerichten abwarten, schlug ihr Mitstreiter Andreas Tjaden vor. Der Baustopp solle ja gerade dazu dienen, „alle offenen Fragen abzuwägen, ohne dass vorher Fakten geschaffen werden können“.
Die Bischöfin kündigte an, Propst Bollmann werde zu einer von ihm geleiteten Kirchenvorstandssitzung einladen, an dem auch sie teilnehmen werde.