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Archiv-Artikel

Körting schiebt noch mal hurtig ab

15 Jahre lebte ein Kosovare in Berlin. In 37 Tagen hätte die Härtefallregelung gegriffen. Heute wird er abgeschoben

Was auch immer unter „langwierig“ zu verstehen ist, 15 Jahre dürften auf jeden Fall unter dieses Kriterium fallen. So lange lebt der 55-jährige Kosovo-Albaner Nazmi Ramadami mit seiner Frau und den drei Kindern bereits in Berlin. Aber auch andere Kriterien für die Härtefallregelung wie Sprachkenntnisse, die Einbindung in den Arbeitsprozess und der Schulbesuch der Kinder sind erfüllt. Deutsch spricht er fließend. Gearbeitet hat er zwei Jahre lang bei einer Baufirma, die ihm nur kündigte, weil ihm das Arbeitsamt auf Anweisung der Ausländerbehörde verbot, länger als zwei Stunden am Tag zu arbeiten. Und zwei seiner Kinder haben einen deutschen Schulabschluss. Zugegeben: Beim jüngsten Sohn könnte es noch eng werden. Kurz vor seinem Fachabitur wurde der 22-Jährige im Juli verhaftet und nach Köpenick gebracht. Nur auf Intervention des Innensenators kam er nach zweieinhalb Monaten wieder auf freien Fuß; er darf seine Prüfungen noch machen.

Doch für Vater Nazmi kommt die Härtefallregelung zu spät. Als Teil des neuen Zuwanderungsgesetzes tritt sie erst am 1. Januar in Kraft. Eine Vorgriffsregelung, wie sie in Schleswig-Holstein seit Oktober gilt, gibt es in Berlin nicht. Heute um 13 Uhr soll Nazmi Ramadami nach Prishtina abgeschoben werden.

Am 7. Juli gingen Ramadami, seine Frau Emine und ihr jüngster Sohn ordnungsgemäß zur Ausländerbehörde, um ihren Duldungsstatus zu verlängern. Noch auf dem Amt wurden sie verhaftet und nach Köpenick gebracht. Sein Sohn kam im September frei, seine Frau, die bereits vor der Haft unter posttraumatischer Belastungsstörung litt, durfte vor einer Woche raus. In ihrer Heimat im Kosovo wurde sie in den 80er-Jahren von serbischen Soldaten vergewaltigt. Seit zehn Jahren ist sie in ärztlicher Behandlung. Sie muss Medikamente einnehmen, die sie im Kosovo nicht erhält.

Nazmis Entlassungsgründe wurden hingegen nicht anerkannt. Beim jüngsten Haftprüfungsverfahren habe der Richter entschieden, wegen enger verwandtschaftlicher Verknüpfungen bestehe Fluchtgefahr, berichtet Ramadamis Tochter. Seine Haft wurde bis zum 5. Januar 2005 verlängert.

Doch gestern Morgen wurde Nazmi Ramadani plötzlich nach Tempelhof gebracht. Daraufhin legte der Anwalt der Familie in einem Eilverfahren Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein. Sein Argument: Nach Artikel 6 des Grundgesetzes gebiete es der Schutz der Ehe „in jedem aufenthaltsrechtlichen Verfahren, dem Gewicht der Grundrechte Geltung zu verschaffen“. Der Antrag wurde abgewiesen.

Und auch die Innenverwaltung sieht keinen Anlass, die Abschiebung zu verhindern. Es sei zwar sehr bedauerlich, dass das Ehepaar nun auseinander gerissen werde. Aber als Ehefrau Emine noch reisefähig war, hätten beide die Ausreiseaufforderung ignoriert. Die getrennte Ausreise sei deshalb „vollkommen gerechtfertigt“.

Donnerstag früh um 2 Uhr sollte Ramadami mit dem Bus von Tempelhof nach Düsseldorf gefahren werden. Von dort aus wird er heute abgeschoben. FELIX LEE